Volltext: Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst ; mit 125 in den Text gedr. Holzschn. und 15 farb. Tondrucktaf (Bd. 1)

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Viertes 
Hauptstück. 
nehmen ist, Herodot habe den Ausdruck Linnen auch von Baum- 
wolle gebraucht. Es ist überhaupt sehr schwer, aus den sehr 
zahlreichen Stellen alter Schriftsteller, wo Stoffe und Kleider er- 
wähnt und beschrieben Werden, wegen der technischen Unge- 
nauigkeit dieser Nachrichten, die Besonderheiten derselben mit 
hinreichender Sicherheit zu bestimmen. Ein ausgezeichnet feiner 
Linnenstoff hiess bei den Alten Karbasos, dem Virgil das bezeich- 
nende Beiwort rauschend beilegt: (sinus crepantis carbaseos). 
Virg. Aen. XI. 775. 776. 
Wie geschmeidig auch die Baumwolle sich allen technischen 
Anforderungen, die an sie gemacht werden, fügte (so dass sie 
zu jenen Allerweltsstoffen zu rechnen ist, die wie der Kautschuk 
die Stilisten zur Verzweiflung bringen), so bleiben ihr dennoch 
drei Eigenschaften des Flaehses unerreichbar, nämlich dessen 
Frische, Glätte und Haltbarkeit.  
Daraus 
gefolgertes 
Stilgesetz 
der 
Verarbeitung. 
Aus diesen Eigenschaften, verbunden mit der geringen Affini- 
tät, welche das Linnen verglichen mit der Wolle, der Seide und 
selbst der Baumwolle, zu den farbenden Stoffen besitzt, ergibt 
sich nun ein gewisses diesem Faserstoäe besonderliches Gebiet 
der technischen Verwendung.  
Wie in den meisten Fällen, so lässt sich auch hier das Stil- 
gesetz am besten in negativer Form auffassen, indem man zeigt, 
was nicht zu thun sei, damit ihm Genüge geleistet werde:  
Man soll bei der Verarbeitung dieses Stoffes alles 
vermeiden, welches den vorhin erwähnten köstlichen 
Eigenschaften desselben entgegen ist, oder auch nur 
sie minder wirksam und dem Auge bemerkbar her- 
vortreten lässt, vielmehr soll man, WO es angeht, in der Be- 
handlungsweise nach Mitteln suchen, die genannten Eigenschaften 
entweder factisch oder auch nur dem sinnlichen Eindrucke nach 
zu unterstützen. S0 soll man die rauben Oberflächen der Linnen- 
zeuge vermeiden, weil gekörnte oder fasriehte Oberflächen das 
angenehme Gefühl der Frische, welches dem Linnenzeug eigen 
ist, stören, weil zugleich die Eigenschaft der Nichtempfanglichkeit 
des Linnens gegen Schmutz und farbende Stoffe dadurch zum
	        
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