Volltext: Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst ; mit 125 in den Text gedr. Holzschn. und 15 farb. Tondrucktaf (Bd. 1)

Textile 
Kunst. 
StoiTe. 
Die Lacke. 
125 
W. Redgrave hat zu seinem oben erwähnten Report etc. mehrere 
Beispiele solcher gewöhnlicher Indischer Lackarbeiten gegeben, 
die ich hier beifügeß Er bemerkt dazu Folgendes: „Die rein 
ornamentale Behandlung der Formen und ihre eleganten fliessen- 
den Conturen verbunden mit der angenehmen Vertheilung von 
Gold und Farbe auf den Oberiiächen geben Anweisung, Reich- 
thum ohne Buntheit zu entwickeln, eine Lehre, die sich unsere 
Lackirer und Papiermachemanufakturisten zu Herzen nehmen 
sollen. Zudem muss man bedenken, dass diese Waare von der 
gewöhnlichsten und billigsten Art ist, woraus hervorgeht, dass ge- 
meine Formen und schlechte Verzierungen nicht nothwendig mit 
billiger Produktion verbunden sind." 
Holz und Papiermache, sowie alle dem ähnlichen lackirten 
Stoffe, haben gemein, dass bei ihnen alle zu scharfen Ecken zu 
vermeiden sind, wegen der Sprödigkeit des Lacks, der an den 
Ecken am leichtesten abspringt. Jeder Lackstil verlangt da- 
her abgerundete nicht zu scharfkantige Formen und 
hält zugleich dasGrunderforderniss des Flachen fest. 
Im Vergleich mit der Emaillirkunst, mit welcher diese Technik 
sonst sehr verwandt ist, bietet die Lackmanufaktur mehr Freiheit, 
da der Lack nicht eingebrannt zu werden braucht. Man weiss 
wie grosse Stilschwierigkeiten der Prozess des Brennens und die 
damit verbundenen Vorarbeiten in Bezug auf Ornamentation, 
Farbenbenützung etc. herbeiführen. Diesen Vorzug soll die Lack- 
manufaktur an sich erkennen und ausbeuten, denn es genügt 
nicht, die engsten Grenzen des Stils zu kennen und sich in 
diesen beschränkten Kreisen zu halten, man verlangt an einem 
edel stilisirten und charakteristischen Werke," dass es auch sich 
entfesselter zeige, wo ihm materielle oder technische Schranken 
keinen Zwang entgegenstellen. 
Ich komme nochmals darauf zurück , dass die Papier- 
maohefabrikation ihre ganz besonderen Stilbedingnngen zu er- 
füllen hat, durch welche sie sich wesentlich sowohl von der 
Holzarbeit wie von der Kautschukarbeit unterscheidet. Es erhält 
nämlich die Pappe oder jede dem aufgeweichten Papier ähnliche 
Masse, wie sie zu den Papiermachefabrikaten angewendet wird, 
nur dadurch die nöthige Consistenz und Festigkeit, dass man 
gewölbte und geschweifte Formen wählt und jede zu ausgedehnte 
Siehe Farbendruck-Tafel X.
	        
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