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iicirten Kleinkiinste der Einfluss unserer gegenwärtigen Volkserziehung
und die Tendenz des Jahrhunderts am empündlichsten trifft, und zur
beabsichtigten Hebung des Kunstsinnes im Allgemeinen, und mit ihr der
Kunst, nichts mehr noththut als gerade auf dem Gebiete der tech-
nischen Künste diesen Gewalten entgegen zu wirken. Denn es ist nicht
zu bezweifeln dass die Kunst, inmitten eines grossartigen Strudels von
Verhältnissen, ihr Steuer, ihren Kurs, und zugleich, was das
Schlimmste ist, ihre Triebkraft verloren hat. Hierauf zurückzukommen
wird es zwar im Verlaufe der Schrift nicht an Gelegenheit fehlen, doch
möge gestattet sein, weil das Vorausgeschiekte über die allgemeine
Tendenz derselben bereits genügende Auskunft gibt, und der in ihr be-
folgte Plan in der Einleitung dazu enthalten ist, dieses Vorwort mit eini-
gen auf das soeben Angedeutete bezüglichen Betrachtungen zu schliessen.
Während der Zeit in welcher sich die Völker auf dem Standpunkte
der künstlerischen Bildung befinden (den unsere Philosophen als über-
wunden ansehen) ist die eigentliche Volkserziehung idealistisch,
jetzt ist sie von Grund aus das Gegentheil, nämlich realistisch; die
exakten Wissenschaften haben die Leitung derselben übernommen. Be-
sonders für die werkthätigen Klassen, und diejenigen die sich den
Künsten widmen, geht der Unterricht planmässig nicht mehr auf die
Bildung des Menschen als solchen sondern auf das unmittelbare Er-
zielen von Fachmenschen hinaus, welches System schon beim
frühen Schulunterriehte in Kraft tritt. Dasselbe ist gleich-
bedeutend mit der grundsätzlichen Ertödtung eben desjenigen Organs, das
bei dem Kunstempfinden, und in gleichem Masse bei dem Kunsthervor-
bringen, sich bethätigt, ich meine den Sinn und den rein menschlich-
idealen Trieb des sich selbst Zweck seienden Schaffens und die
dem Künstler sowie dem Kunstempfanglichen unentbehrliche Gabe un-
mittelbaren anschauenden Denkens?
Zum Glück sind die Realschulen mit ihren Ausläufern, den tech-
nischen Anstalten etc., die alle noch nicht langen Bestand haben, noch
nicht mit ihren eigenen Grundsätzen im Reinen, und treten die Folgen
des Prinzips der rein realistischen Vorerziehung auf eine Weise hervor, die
eine nochmalige Revision des Unterrichtswesens in baldige Aussicht stellt.
So z. B. müssen die Schüler der technischen Anstalten, wenn sie aus den Real-
schulen herauskommen, einen grossen Theil ihrer ohnediess unnöthigerweise
eng vorgezeichneten Studienzeit auf die Vorwissenschaften verwenden, die
1 Ein Ausdruck Rumohfs zur Bezeichnung derjenigen unabhängigen
Thätigkeit des Geistes vermüge welcher ohne die Vermittlung der Kritik des
Verstandes die volle Auffassung und Insichaufnahme des Schönen und das
Schaffen in der Kunst möglich wird.