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Viertes Hauptstück.
und wählen dazu vielmehr feuchte und kühle Orte, bcnetzen
auch im Sommer den Fussboden, um das zu schnelle Trocknen
und damit verbundene Reissen der Oberflächen zu vermeiden.
Aus der Trockenstube gelangt das Stück in die Hände eines
Arbeiters, der es mit Wasser benetzt und es sorgfältig mit einem
Polirsteine von feinkörnigem Schist (Iiao-Hang-Chi) abschleift.
Hierauf bekommt es einen zweiten Firniss, und nachdem es
getrocknet, eine zweite Politur, und diese Operationen wechseln
so lange miteinander ab, bis die Überiiäche vollkommen eben
und glänzend ist. Die geringste Zahl solcher Lacküberzüge
ist 3, die grösste 18.
Um die Politur zu vollenden, bedient man sich auch einer
weissen Thonerde, die aus der Provinz Kouang-Tong kommt.
Zuletzt wird der Gegenstand noch einmal lackirt und dann,
für den Lackirer fertig, den Händen der Künstler übergeben.
Die Zeichnungen werden aus freier Hand mit Zinober und
Pinsel auf die Oberfläche getragen, dann mit einem feinen Stahl-
stifte umzogen, mit welchem auch alle noch fehlenden Details
der Umrisse in den Lack eingeritzt werden. Der Zeichner hält
Pinsel und Stift immer senkrecht und in ganz freier ungestützter
Hand; die Handfestigkeit und Sicherheit, die er dabei zeigt, ist
bewundernswürdig.
Zuweilen wird der Entwurf auch vorher auf dem Papier voll-
endet und auf den Grund dekalquirt.
Man umfährt hierauf die Umrisse der Zeichnung mit dem Lack
Kouang-si oder auch mit einer andern Sorte, die Hoa-kin-tsi ge-
nannt wird und als Mordente für die Vergoldung dient; man fügt
ein wenig Kampfer zu dieser Mischung.
Wenn getrocknet, vergoldet man diese Umrisse mit Muschel-
gultl, mit Hülfc eines feinen Tupfers. Dieses Muschelgold ist
eigens zubereitet und mattglänzend. Man bedient sich dazu einer
Pottascheailflösung in Wasser. Es kostet ungefähr 5 Franken die
Gramme. Für grünlich-blasses Gold nimmt man solches, das
mit Silber legirt ist.
Wenn man Reliefs machen will, legt man eine zweite Lage
der oben genannten Mordente aber ohne Kampfer auf, vergoldet
wieder und so fort bis die erwünschte Höhe des Reliefs erreicht
ist, das also wie bei der Porzellanmalerei allmählig durch den
Pinsel gewonnen wird und eine Art von Mittelding zwischen