Textile Kunst.
Stoffe.
Kautschuk.
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Aus diesen speziüschen Eigenschaften des Kautschuk geht nun
dessen Benutzung und der Stil, der bei letzterer beobachtet wer-
den muss, hervor; man verwendet ihn nämlich auf dreierlei
Weisen:
1) als feste Masse, die in dickeren oder dünneren Platten oder
auch in kompacten Formen benützt werden;
2) als biegsamen Faden zu Bändern und Geweben;
3) als Firniss, der auftrocknet und dann einen festen Ueber-
zug bildet, dessen Eigenschaften bis ins Unbestimmbare
variirt werden können.
Uns soll hier zuerst nur die Verwendung des Kautschuk als
lederartige Bekleidung beschäftigen, weil die zweite Benutzung in
das Gebiet der Filatur und Weberei gehört, wovon erst später
zu sprechen sein wird, die dritte aber mit der Industrie des Lacki-
rens nahe verwandt ist, der sogleich nach diesem ein Paragraph
gewidmet werden soll.
Der rohe Kautschuk wie er importirt wird, enthält eine Menge
von Unreinigkeiten, die häufig betrügerischerweise beigemischt
sind. Um die Masse zu reinigen, hat man verschiedene Mittel
ersonnen, unter denen das Verfahren des Herrn Sievier, ehema-
ligen Direktors der Joint Stock Coutchouc company at Tottenham
das zweckmässigste sein soll. Man knetet und masticirt den in
kleine Stücke geschnittenen rohen Kautschuk in einer Mühle,
woraus er zu einer kompakten Masse zusammengeballt hervor-
geht. Dabei entwickelt sich, wegen der inneren Arbeit der Theile so
grosse Hitze, dass beständig Wasser aufgegossen werden muss,
welches zugleich die Masse reinigt. Der röthliche ovoide Klumpen,
der aus dieser ersten Manipulation hervorgeht, wird dann noch ein-
mal aber trocken geknetet, mit Beifügung von etwas ungelöschtem
Kalke. Die entwickelte Hitze treibt die Wassertheile aus der Masse
heraus und macht diese dicht und schwarz. Noch eine dritte und
eine vierte Operation findet statt, nach ähnlichem Mastications-
prinzipe, aber unter Entwicklung sehr bedeutender Kräfte; hieraus
hervorgegangen, ist die lllasse erst homogen genug, um in guss-
eiserne parallelopipedische und cylindrische Formen gepresst wer-
den zu können. Die Kuchen, meistens rechteckig, sind etwa
18 Zoll lang, 9 Zoll breit und 5 Zoll dick; diese schneidet man
in Scheiben von beliebiger Dicke mittels stellbarer Schneidema-
Semper. 15