Kunst.
Textile
Technisch-Iiistorisches.
Thierfellc.
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durch dasselbe mit dem ehrwürdigen Nimbus des Uranfänglichen
zu umgeben gewusst. Das Gleiche sehen wir bei den alten
Germanen und den skythischen Völkern, die obschon sie das
Pelzwerk und das Leder auch auf andere und zwar sehr raffinirte
Weise zu bereiten -und zu gestalten geschickt-genug waren, den-
noch bei kriegerischen Körperbekleidungen und wohl auch bei
Priesterornaten die Form und den Charakter des Thieres, dessen
Pelz dazu diente, möglichst zu erhalten wussten, letzteren wohl
noch schreckbarer hervortreten liessen und dessen furchterweckende
Wirkung steigerten. Beliebte Symbole waren bei diesen nordi-
schen Völkern das Fell des Urs, dessen ellenlange Hörner über
dem Haupte als kriegerischer Kopfschmuck cmporstiegen, die
Haut des Elenn und des Bären, auch Wohl dieExuvie des Stein-
adlers, dessen Fittige eine furchtbar schöne Helmzierde bildeten.
Die Cimbern trugen, nach Plutarch (lilarius 25), Helme die den
Rachen fürchterlicher Thiere glichen und andere seltsame Gestal-
ten hatten; auf diesen standen hohe Federbiische in Form de1'
Flügel, wodurch sie um Vieles grösser erschienen.
So verstecken die Indianer der Prairie bei ihren Wilden Kric-
gestänzen noch jetzt ihr Haupt hinter fürchterlichen Thiermasken,
dem Bison oder dem Bären entnommen. Aehnlicl1en Masken-
schmuck findet man bei den Wilden der Südseeinseln. Diese
scheusslichcn Thiermasken treten bei den ägyptischen Priestern
in feinerer Ausbildung als hieratischer Kopfputz des den Gott re-
präsentirenden Priesters auf. Es wurde die Thiermaske das frühe
Symbol der Verhüllung, des Geheimnissvollen, des Schreckbaren.
Oft blieb davon nichts als das besonders charakteristische Abzei-
chen des Thieres übrig; z. B. die Stierhörner als Schmuck der
Mitra der assyrischen Herrscher, die Widdcrhörner als Kopfzierde
der ägyptischen Könige, die auch Alexander als Beherrscher
Aegyptens und Sohn Ammons für sich in Anspruch nahm und
trug. Das furchtbare Gorgeion der die Aegis schüttelnden Pallas
Athene ist eine Maske. Diese war schon lange in dem Lßbfin
und in den Künsten ein bedeutsamstes Symbol, bevor die dra-
matische Kunst sich desselben bemächtigte; auch hier sehen wir
wieder das scheinbar Rafiinirteste der antiken Kunst unmittelbar
auf die ursprünglichste Natur geimpft.