'l'extile
Kunst.
Die
Naht.
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die von dem rein technischen Sinne des gewählten Ornamen-
tes ableiten könnten, und der tendentiösen Kunst, die mit der
Struktur und technischen Zusammensetzung des Werkes nichts
gemein hat, obwaltet. Wie sehr z. B. der strengere dorische Stil
darauf bedacht war, jegliche Seitenidee zu entfernen, die beiorna-
mentaler Benützung gewisser Naturformen aufsteigen und sich in
dasjenige, was zu bezeichnen war, mischen konnte, ergibt sich
aus den gemalten Blätterreihungen des dorischen Kymation, die
durchaus an kein besonderes Blatt erinnern, auch in den Farben
rein konventionell und möglichst von der Wirklichkeit entfernt
behandelt sind; sie geben nur, was sie sollen, den Begriff des
organisch-elastischen inneren Widerstandes des Pflanzenlebens
überhaupt gegen die leblose Schwerkraft. Das Weitere dar-
über später.
Mit der Naht ist die Niethe sprachlich und begrifflich nahe
verwandt. Die Niethe wurde somit gleichfalls selbstverständliches
Symbol fiir den Begriff, um den es sich hier handelt. Vielleicht
ist der Nagelkopf, der auf der Flächendekoration als Rosette er-
scheint, ein aus dem "sekundären mctallotechnischen auf das eigent-
liche textile Bekleidungswesen später übertragenes dekoratives Mo-
tiv, das jedoch auch in letzterem schon als Knopf oder Nestcl seine
vielleicht ursprünglichere Entstehung haben konnte. Das Nesteln
der zu verbindenden Theile der Gewänder durch Knöpfe war ein
dorischer Gebrauch, der den früher auch bei den Hcllencn üblichen
Reichthum der gesticktem Nähte im Bekleidungswcsen verdrängte.
Naht
zwischen
Gegensatz
und Band in Beziehung
Richtung.
auf ihnen
gebende
Der Gegensatz zwischen der Naht und dem Bande (die beide
in ihrer Grundform insofern identisch sind, als sie langgestrecktc
der Linie sich annähernde Streifen bilden) spricht sich nicht ein-
zig und allein aus in dem Unterschiede ihrer formell-dekorativen
Behandlung; fast noch wichtiger ist es, darauf hinzuweisen, dass
sie fast immer gegensätzlich zu einander auch insofern stehen,
dass die Bänder die Axe der proportionalen Entwicklung einer
Form rechtwinklicht und zwar ringförmig durchschneiden, die
Nähte dagegen in der Regel parallel mit der proportionalen Axe