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Drittes
muptstück.
letztere eine ziemliche Fülle darbietet und die durch unmittel-
barste Ideenverknüpfung in uns die Empfindung oder das Be-
wusstsein erwecken, dass diese verkettenden Glieder ihren Funk-
tionen in jeder Beziehung gewachsen sind.
In ornamental-stilistischer Uebersetzung in das Stofflichc wer-
den solche der Natur entlehnte Symbole, z. B. das Rankenwcrk
der Schlingpflanze, die klammernden Organe der Rebe oder des
Helyx, das Netzwerk der Melone, die Krallen und Klauen der
Thiere, die Rachen der Bestien und andere dergleichen, die M0-
tive zu ornamentalem Schmucke geben, dem nach der Wahl der-
selben und ihrer einfacheren oder reicheren, ernsteren oder leich-
teren Durchführung in Form und Farbe jede beliebige, den näch-
sten und den letzten Beziehungen entsprechende Sonderstimmung
gegeben werden kann.
Es ergibt sich zugleich aus der struktiven Abhängigkeit und
funktionellen Bestimmung dieser Motive, dass sie die Grenzen des
eurhythmisch geregelten Ornamentes nicht überschreiten dürfen und
der höheren Tendenzsynibolik kein Feld bieten, da diese sich,
wie bereits in der Einleitung dieses Buches dargelegt werden ist,
nur auf neutralem, nicht technisch und struktiv funktionirendem
Boden entfalten kann und soll. Wenn das Gesagte hier ganz
besondere Anwendung findet, so ist es doch überhaupt und allge-
mein gültig für alle ähnlich struktiv funktionirenden Thcile einer
künstlerisch behandelten Form. Das Gesetz, um welches es sich
handelt, ist ein Grundgesetz des Stiles und tritt hier in der tex-
tilen Kunst nur in grösster Ursprünglichkeit und Einfachheit her-
vor, wesshalb hier der Ort war, besonders darauf hinzuweisen,
Schon in dein nächsten Abschnitte wird es nöthig Werden, zu
zeigen, wie dieselben ornarnentalen Formen, die hier von dem
Processe des Nähens, Heftelns, Verknüpfens u. dergl. abgeleitet
wurden, auch auf andere, der Bekleidungskunst nur entfernt oder
gar nicht verwandte Werke des Kunstfleisses übertragen werden
und wie dabei naturalistisches Nachahmen und tendentiöse Kunst
zu vermeiden, konventionelle und ehimäriseh-ornamentale Behand-
lung des Thema Bedingung ist; theils wegen der Nothwendig-
keit des möglichst ungetrübten Hervortretens der technischen
Funktion, die hier ihren Ausdruck finden soll, theils wegen
des Gegensatzes, der zwischen dem struktiv-dienenden Kunst-
gcbilde, das keine unmittelbaren Ideenverknüpfungen gestattet,