Textile
Kunst.
Decke.
Die
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Deckenbilder; dieselben sind von _den Kunstpuritanern und
Neugothen mit einer Art von Wuth angefeindet worden,- fast
alle Kunsttheoretiker, Kunstkritiker und kunstverständige Laien
haben sich dagegen verschworen, Während bemerkt wird, dass
die besten Maler mit grösster Vorliebe und bestem Fleisse ge-
rade diejenigen Aufgaben gelöst haben, die sich an Oertlichkeiten
der angedeuteten Art knüpften. So war die Sixtinisclie Decke
das Lieblingswerk und die grösste malerische Leistung des gött-
lichen Michel Angele, so erfreute sich Raphael an den Deckenge-
rnälden der Farnesina und der Kapelle Chigi; fast alle ersten
Maler Italiens suchten und erreichten ihren höchsten Ruhm in den
Plafondbildern und ausgemalten Kuppeln; so Domenichino, Guido
Reni und Correggio, so auch Titian, Tintoretto und Paul Vero-
nese. Später machte sich Raphael Mengs durch seinen Plafond
der Villa Albani zuerst berühmt, und auch unsere Meister der
Gegenwart schufen ihr Bestes und Gefeiertestes für die Gewölbe
und Decken der Glyptothek und des Louvre. Und diesen Ruf
hätten die Plafonds der "grossen Meister vor ihren anderen Werken
sich nicht erworben und erhalten, wäre nicht zugleich die Vorliebe
gerade für diese Bilder imiVolke, in der Masse des kunstgenies-
senden Publikums vorhanden. Diese Thatsache spricht sich klar
aus, den Theorieen der Aesthetiker zum Trotze. Ich glaube, dass
sich diese Vorliebe der Meister, sowie des unbefangenen Volkes
für Plafondbilder mehr aus physiologischen und, wenn man will,
aus psychologischen, denn aus materiellen Gründen erklären lasse.
Allerdings ist es richtig, dass schon aus Gründen der letzteren Art
der Fussboden gar nicht, die Wand sehr selten zu der Aufnahme
von Bildern hohen Stiles geeignet ist und noch seltener den ge-
sammelten Genuss solcher Werke gestattet. Seitdem der sogenannte
gothische Baustil der Wand, der selbsständigen, nicht statisch
oder mechanisch thätigen und dienenden Raumschranke, die Ei:-
istenz absprach, blieb für die eigentliche Malerei, die sich nur auf
derartigen selbstständigen, nicht mechanisch funktionirenden Raum-
schranken entwickeln kann und darf, kein Feld übrig, ausgenom-
men die Kappen der Kreuzgewölbe und die durchsichtigen Glas-
wände der Fenster. Seit der Renaissance ward der Wand Wohl
zum Theil wieder ihr Recht, allein in viel geringerem Grade bei
öffentlichen Monumenten, z. B. bei Kirchen, als in der Wohnhaus-
architektur. Jene gothisiren noch immer in dem Sinne, als die