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Drittes
Hauptstück.
getäfel verziert. Sie reicht bis zu dem Gesims, der in kräftiger
Entwicklung die vertikale Mauer bekrönt und über welchem das
im Kreissegmente ausgeführte Tonnengewölbe der Decke beginnt
Auf dem Sims sitzen kolossale Grlippen aus Stucco, die runde Bil-
derrahmen, gleichfalls aus weissgrauem Stucco, einsschliessen. Sie
enthalten in grünlichem Tone ausgeführte Medaillons und sind mit
prachtvollen Blumen umgeben, gemalt von Baptiste. In den
Zwischenräumen dieser Gruppen sind, wiederum Bilder von Lebrun
und anderen Meistern. Die ganze Decke ist in Bilderfelder ge-
theilt, zwischen denen sich die Rahmen und Friese aus bister-
grauem Stucöo hindnrchziehen. Die Hauptmotive sind durch Gründe
und Ornamente von massiger, in das Braun-goldene spielender
Haltung verbunden, die das Zwischenglied bilden zwischen dem
weisislichen Stucco und den kräftigen Oelbildern, so dass das
Ganze einen unvergleichlich harmonischen, kostbaren und blonden
Eindruck macht, den der durch Geschmack gemässigten Pracht.
Ich kenne keinen Raum, der in Beziehung auf allgemeine archi_
tektonische Harmonie mit dieser herrlichen Gallerie zu vergleichen
Ware. Das Hauptbild der Mitte ist bei Gelegenheit der Restau-
ration dieses Saales die unter der Leitung der Herrn Duban
und Sechan erst vor wenigen Jahren vollendet wurde, von dem
Maler Delacroix ausgeführt worden; dieses ist so orientirt, dass der
Beschauer vor das Fenster treten und diesem den Rücken zuwen-
den muss, um es richtig zu sehen gewiss für diesen Fall die
schicklichste Disposition; obgleich die Form der Gallerie dazu
einladen mochte, das Bild so zu Wenden, dass der den reich ver-
zierten Corridor durchschreitende Besucher der Kunstsammlungen
des Louvre dasselbe auf seinem Wege en passant richtig sehen
und geniessen könne. Durch die Orientirung, die Delacroix dem
Deckenbilde gab, wird das Mittelfeld der Mauerseite der Gallerie
zu einem Centralpunkte des Raumes, der, wie schon bemerkt
worden ist, eigentlich keinen Selbstzweck verräth, sondern sieh
als Passage oder als Corridor manifestirt. Der nur erst ange-
deutete Gedanke würde erst dann sich vollständig aussprechen,
wenn dem herrlichen Delacroizischen Bilde entsprechend irgend ein
kräftig heraustretendes Monument die Monotonie der langen Wand-
flache gerade in der Mitte derselben unterbräche.
Es bietet sich hier die Gelegenheit zur Vertheidigung der rei-
chen Deckenverzierungen und speziell zur Vertheidigung der