Textile Kunst.
Decke.
Die
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Kirchen, ordnen sich die Mittelmntive so, dass sie für den An-
däehtigen, der das Schiff betritt, aufrecht stehen, das heisst, sie
sind mit den Köpfen nach der Thür, mit den Füssen nach dem
Altar gerichtet. Schon schwieriger ist mitunter die Orientation der
Mittelmotive in den Seitenschiffen und quadratischen janusbogen-
artigen Passagen, die besonders in den Kuppelkirchen der Renais-
sance so häufig vorkommen.
Die Mittelmotive auf den Gewölben der Seitenschiffe sollen fiir
denjenigen orientirt sein, der aus dem Hauptschiff durch die Bo-
gen der Hauptmauern in das Seitenschiff tritt, um vor der Ka-
pelle, die dieser Abtheilung des Seitensehiffes entspricht, eine
gottesdienstliche Handlung zu begehen. Unter dieser Annahme
muss das Sujet des mittleren Schildes in dem Gewölbe des Sei-
tenschitfes das Kopfende gegen das Ällauptschid, das Fussendel ge-
gen die Kapelle gerichtet haben. Aber sehr oft wird diese An-
ordnung gegen die Optik verstossen, da, um das Bild in seiner
wahren Elevation und nicht verkehrt zu sehen, man genüthigt ist,
sich gegen das Licht zu stellen. Diese Rücksicht ist in sehr
vielen Fällen maassgebend für die Orientirung der Bilder etc.
Wo nicht hieratische oder Etiketten-Vorschriften oder sonstige an
die Bestimmung eines Raumes geknüpfte Bedingungen dagegen
treten, muss das Bild für denjenigen recht stehen, der dasselbe in
der besten Beleuchtung sieht indem er das Licht im Rücken hat.
Hierüber gibt die Galerie d'Apollon im Louvre, das Meister-
stück Berains, mit der von Lebrun koinponirten und ausgeführten
herrlichen gewölbten Decke zu interessanten Studien Gelegenheit.
Sie hat eigentlich keine andere Bestimmung, als die eines bril-
lanten Gorridors, ist sehr lang bei massiger Breite von etwa 40
Fuss, der Eingang ist an einer der schmalen Seiten, ihm gegen-
über, in weiter Distanz ist ein grosses Balkonfenster. Die linke
Seite ist ganz mit Fenstern durchbrochen, deren Täfelung mit
Arabesken en Camajeu auf Goldgrund von Berain überaus reich
und zugleich mässig und geschmackvoll verziert ist. Gegenüber
läuft die Wand, gleichfalls getäfeelt, ohne besondere Unterbrechun-
gen, mit Ausnahme einiger reich verzierter Thüren, von Anfang
bis zu Ende fort. Sie war ohne Zweifel von jeher bestimmt, Bil-
der aufzunehmen, und hat keinen Mittelpunkt der Beziehungen.
Ihre bistergraue Täfelung ist bis zur Höhe des Lambris mit
schönen Arabesken in demselben Stile, wie die der Fensterge-