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Hauptstück.
Drittes
derselben Art abwechselnd zu verwenden. Auf diese Weise
wird das Ganze durch den natürlichen Grundton des ungefäirbtcn
Rehstoffes zusammengehalten.
In dieser Beziehung sind die Produkte der kanadischen Indianer
lehrreich. Das sehr ursprüngliche und gefällige System der Ürna-
nlentirung besteht bei ihnen in zierlichen und schönfarbigen F eder-
stickereien oder auch diesen nachgebildeten Malereien auf Holz-
rinden und auf Leder, Womit sie ihre Geräthe, Nachen, Kleidungen
und Teppiche bereiten. Die rethbraune Farbe der thierischen und
vegetabilischen Häute ist bei ihnen die Basis ihrer Polychromie.
Doch üben sie auch das Mattengeflecht aus Stroh mit grosser Ge-
schicklichkeit und natürlichem Geschmacke, wobei das Strohgelb
die Basis der Polychrornie bildet. Bei ihnen wie bei den Negern,
die bei ihren GeHec-hten das Dunkelfarbige, Schwarze, im Ken-
traste zu dem Weiss, bevorzugen, schliesst sich zugleich die deku-
rative Kunst harmonisch an die natürliche Körperfarbe der Men-
sehen an.
Nach ganz gleichem Prinzipe verfährt der Chinese, der seine
Farbenbeitzen nicht auf die gebleichte Baumwolle oder auf die
gebleiehte Seide applicirt, sondern die schöne Naturfarbe beider
Stoffe als vermittelnden und verbindenden Grundton aller Farben
benützt und durch dieses einfache Mittel sich es erleichtert, die
lebhaftcsten Farbenkontraste harmonisch zu verbinden. Hierin be-
steht auch zum Theil das Geheimniss der tybetanischen Schawls
mit ihrer, durch das mattglänzende Gelbweiss der Kaehemirwolle
gebrochenen und verbundenen Farbenpracht. (Vergleiche hierüber
den später folgenden Artikel Färberei.)
Für das Verstehen der antiken Kunst und, Wohl gemerkt, auch
für die wahre Praxis der Gegenwart ist das genannte Prinzip, welches
die neueste europäische Industrie überall (z. B. zu ihrem grössten
Nachtheile auch in der Porzellanmanufaktur) verlassen hat, von
grösster Bedeutung. Genau genommen befolgt sie dasselbe noch
immer, aber ohne es zu wissen und gleioihsam auf Umwegen, da
zum Beispiel der Oelmaler, in dessen erhabenstc Gebiete sie hin-
einzuwirken keinen Anstand mehr nimmt, bei dem "Aufsetzen"
seiner Pallette demselben Prinzipe huldigt, sowie auch die der
Aquarellmalerei eigenthümliche Zauberwirkung hauptsächlich nur
aus ihm hervorgeht. Gut ist es indessen, zu wissen, was man
thut, weil dann das Gewollte oft auf einfacherem Wege besser