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verkündigen, untergeschoben sind. Nun beziehen sich
zwar die Werke der mittelalterlichen Kunst nicht un-
mittelbar auf diese Orakel. Aber einzig auf Grund der-
selben ist die ganze Vorstellung von den Sibyllen als
Prophetinnendes Heidenthums, die eine göttliche Sendung
gehabt, in der Kirche entstanden und einheimiseh ge-
worden; so dass, wenn dieser Grund schwindet, auch
jene Vorstellung nicht weiter Bestand hat.
Dann bleibt den Sibyllen nur noch die Bedeutung
wahrsagender Frauen rein innerhalb des Heidenthums, so
weit man deren jenseitige Orakelsprüche als ächt gelten
lässt, die man aber auf dämonische Eingebung zurück-
geführt hat. Nach diesen Resultaten der Kritik hat zumal
die Aufstellung der Statuen der Sibyllen in katholischen
Kirchen von Seiten der protestantischen Polemik ein sehr
strenges Urtheil erfahren 1). Dieses Urtheil hängt einer-
seits mit der Frage zusammen von den Bildern der
Heiligen und der Aufstellung religiöser Bildwerke in den
christlichen Kirchen überhaupt, das ist unabhängig von
den Sibyllen ein Streitpunkt ganz für sich; übrigens aber
muss es sich ermässigen nach der religionsgeschichtlichen
An- und Unterordnung, in welcher seit dem spätem
Mittelalter bis in die neuere Zeit die Bilder der Sibyllen
in Kirchen aufgenommen sind: nach dem, was irühcr
darüber mitgetheilt werden, erscheint die Absicht als un-
verwerilich, nur dass die geschichtlichen Voraussetzungen
jetzt als irrlhümlich erkannt sind.
Serv. Gallaei Dissert. de Sibyll. (1688) p. 263.: fatemur
ingenue, nos satis non posse hominum stultitiam mirari, mulier-
cularum paganarunl ne nuuc dicamus diabolico sp-iritu actaruln
(statuas) reperiri inter statuas et imagines Deo et Angelis et
Sanctis ereczas: an non certe ridendos se Papistae propinant,
pagauas nmlierculas Sanctis suis aequales constitnendo? etc.