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in England, welche aus dieser Gallerie stammt 1), ferner
eine Sibylle in halber Figur, ein gerühmtes Gemälde im
Palast Borghese 2), und die Cumäische Sibylle in der
Gemäldesammlung des Capitolß). Daselbst ist auch die
Persische Sibylle von Guernico4).
Das Interesse für diese weissagenden Frauen des
Heidenthums oder vielmehr für die Idee, in welcher das
Mittelalter sie aufgefasst hat, spricht sich auch in der
Darstellung ihres Tempels aus, womit zwei Meister des
siehenzehnten Jahrhunderts die Landschaft bedeutungsvoll
geziert haben: ein Gemälde von Claude Lorrain zeigt
den Tempel der Sibylle zu Tivoli mit einer Aussicht auf
das Meer; von Nic. Berchem ist ein Wasserfall zwischen
hohen Felsen, auf denen der Tempel der Sibylle steht 5).
Indessen war bald nach der Zeit, als die Vorstellung
von den Sihyllen durch Michelangelo und Raphael die
höchste Weihe der Kunst erhalten hatte, eine Wendung
eingetreten, wodurch sie der Kunst gänzlich entzogen
zu sein scheinen.
Denn seit dem Ende des sechzehnten Jahrhunderts
ward die Aechtheit unserer sibyllinischen Orakel be-
stritten 6): und es ist seitdem evident geworden, dass
sie sämmtlich, so weit sie den Einen Gott und Christum
1) In d. Samml. des Herzogs von Buckingham zu Steve, Waagen
a. a. O. Th. I. S. 501.
z) Platner Beschreib. Roms III, 3. S. 288.; doch s. das. 289. AJ.
a) Platner a. a. O. III, 1. S. 128. n. 53.
4) Ebendas. S. 128. n. 38.
5) Jenes ist in der Samml. Coke zu Holkham, dieses in der Samml.
Hope zu London; Waagen a. a. O. Th. II. S. 507. 148.
ü) S. Bleck an dem oben (S. 474. Anm. 2.) a. O. S. 129 ü.