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Bänder der folgenden Textseite ergänzt werden: auf der
erstern Seite stehen am innern Rande vier Sibyllen, die
Tiburtina, Cumana, Erythraea und Delphica 1), und daran
angrenzend auf der andern Seite vier Propheten: Jeremias,
I-labakuk, Daniel, Jona; dazu kommen die vier Evangelisten,
am obern Rande der erstern Seite Matthäus und Lucas,
am untern Rande der andern Seite Marcns und Johannes;
endlich am äussern Rande beider Seiten die vier griechi-
schen und die vier lateinischen Kirchenlehrer.
4. Während in allen diesen Fällen die Sibyllen nach
ihrer vorbereitenden Bedeutung eine untergeordnete Stelle
einnehmen, so fehlt es doch nicht an Compositionen, in
denen sie mehr selbständig, um ihrer selbst willen vor-
geführt werden, sei es insgesammt oder in einem
Einzelbilde.
Von der erstern Art ist besonders bemerkenswerth
eine Handschrift aus der französischen Miniatnrschule des
funfzehnten Jahrhunderts in der K. Bibliothek zu München 2),
welche die Bilder der zwölf Sihyllen enthält. Das Titel-
blatt zeigt die Arche, in deren unterer Abthcilung aus
vier Hallen je ein Mann und eine Frau hinaussehauen,
das sind die „acht Seelen, welche behalten wurden durclfs
Wasser" der Sündfluth, oben sieht man den Raben fliegen
(1 Mos. VIII, die Arche ist hier ohne Zweifel ein
Typus der Kirche. Es folgen dann auf der Kehrseite der
Blätter die Sibyllen, deren Bild jedesmal eine ganze Seite
einnimmt, sitzend mit einem Attribut in der Linken; die
l) Diese einzelne Kandverzierung kommt daselbst noch einmal vor
B]. 253. b., wo die Hauptvorstellung die Ausgiessung des heil.
Geistes ist.
2) Cim. 44. Cod. iconogr. 414. ehemals V. a. 3. in 4". Sie wird
kurz erwähnt von Schorn zum Vasari II, 2. S. 191. Wegen
der in ihren Miniaturen vorkommenden Genien ist schon oben
S. 368. dieser Handschrift gedacht worden.