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welche unter anderm die Sage von der Tiburtinischen
Sibylle (deren Weissagung in die Verse des Akrostiehon
aus Augustinus gekleidet wird) und der Vision -des
Augustus berichtet. Dazu kommen mehrere Miniatur-
bilder aus dem vierzehnten Jahrhundert: namentlich in
dem Speculum humanae salvationis zuerst vom J. 1324
bei der vorhin angeführten Beschreibung l). Und in einem
weltlichen Roman aus der Zeit um 1397, dem Brief der
Othea an Heetor von der Christine de Pisa: auf alle die
Bilder aus der Heroengeschichte folgt zuletzt das der
Cunianischen Sibylle (wie sie hier genannt wird), welche
dem in einer Landschaft knieenden Augustus die in den
Wolken erscheinende Maria mit dem Kimle zeigt 2).
Häufig ist im funfzehnten Jahrhundert diese Sccne aus-
geführt. Vornehmlich haben die niederländischen Meister
in Altargemälden der christlichen Hauptvorstellting jene
Erscheinung zur Seite gestellt. Zuerst Johann van Eyck
in seinem unvollendeten Marienbilde vom J. 1545, welches
sich ehedem im Chor der St. Martinskirche zu Ypern be-
fand, und wovon eine Copie noch vorhanden ist 3): das
In den verschiedenen Drucken aber ist das Bild verschieden.
In der einen der beiden oben S. 150. erwähnten Ausgaben, der
lateinisch-deutschen, sitzen auf einer Bank einander gegenüber
die Sibylle in grünem, der Kaiser in rotbem Gewande mit dem
Seepter in der Linken: zwischen beiden in der Höhe erscheint
Maria in halber Figur mit dem Kinde, beide mit dem Nimbus,
in einem gelben Bund, rechts und links davon Sonne und Mond
als Gesichter. In der lat. Ausgabe aber ist die Scene auf einem
Berge, oben zur Linken die himmlische Erscheinung, vor Welcher
sowohl die Sibylle als der Kaiser knieen, derselbe hat das
Scepter zur Erde geworfen und hebt die Hände anbetend empor.
1) In der Gothaer Hdsclir. bei Bathgeber Annalen der Nieder-
länd. Mal. S. 32. s. oben S. 418.
a) Die Copie, im Besitz des Herrn Bogaert-Dtunortier zu Brügge,
ist bcsehr. von Passavant Kunstreise durch Engl. u. Belgien
S. 367-369.