485
Jahrhundert in den Kirchen Rom's und Ravennafs davon
noch vorhanden ist, eine Darstellung der Sibyllen,
obwohl Propheten seit Alters her dort vorgestellt sind,
z. B. Jesaias und Jeremias in den Mosaiken von S. Vitale
in Ravenna aus dem sechsten Jahrhundert, so wie in den
Mosaiken der Kathedrale zu Capua aus dem Ende des
neunten oder dem Anfang des zehnten Jahrhunderts.
Auch der spätern byzantinischen Kunst scheint diese
Vorstellung ziemlich fremd geblieben zu sein. Die mehr-
erwähnte Anweisung zur Kirchenmalerei von dem Mönch
Dionysius spricht nach den Alttestamentlichen Propheten
nur von Einer Sihylle, ohne sie zu nennen (s. oben
S. 420.); und auch diese eine hat sich unter den
Malereien zahlreicher griechischer Kirchen nicht ge-
funden 1).
Desto geläufiger ist die Vorstellung von den Sibyllen
der spätern abendländischen Kunst geworden und hat
insbesondere zur Ausschmückung der Kirchen gedient:
wofür sie im zwölften und dreizehnten Jahrhundert an-
geeignet ist, als durch dogmatischen und hymnologischen
Gebrauch das Interesse dafür neu angeregt, auch jene
Sage von der Tiburtinischexi Sibylle in Umlauf gesetzt
wurde.
Die
Tihurtinische Sibylle
Augustus.
mit
dem
Kaiser
Die Sage von der Weissagung der 'l'iburtinischen
Sibylle an den Kaiser Augustus hat zu bildlichen Dar-
stellungen Veranlassung gegeben vor allem an dem Schau-
platz derselben, der Kirche S. Maria Araceli. Eine
Andeutung des Ereignisses noch ohne die Sibylle, wie
in der griechischen Sage, doch wohl mit Hindeutung auf
zum
dron
Manuel (Yiconogr.
chröt.
152.