Volltext: Mythologie der christlichen Kunst von der ältesten Zeit bis in's sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1, Abth. 1)

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sowohl in den sibyllinischen Orakeln selbst, in denen 
nur Eine Sibylle genannt ist, aber mehrere gemeint sind, 
e als auch in der Tradition (wiewohl in dieser die 
Zahl 10 oder 12 am allgemeinsten angenommen ist) eine 
feste Bestimmung über ihre Zahl fehlt, wie sie über Zahl 
und Bang der Propheten im Canon vorliegt; es war also 
in jedem Fall erst eine Wahl zu treffen, wie viele und 
welche Sibyllen vorgestellt werden sollten. Sodann dass 
über die Persönlichkeit der Sibyllen kein Aufschluss dar- 
geboten war, der für die künstlerische Darstellung einen 
Typus hatte an die Hand geben können; es war also 
der schöpferischen Phantasie des Künstlers überlassen, 
diesen zu bilden. 
In der älteren Zeit nun sind die Sibyllen noch nicht 
ein Gegenstand der christlichen Kunst gewesen. Wenigstens 
kommen sie in den Gemälden und Reliefs der Katakomben 
nicht vor. Nur auf einem Sarkophag 1) im Garten des 
Palastes Corsini, in dessen Mitte der gute Hirte gebildet 
zu sein schien, hat man geglaubt eine Darstellung der 
Sibyllen und Propheten zu finden; es ist jedoch schon 
oben (S. 84 f.) bemerkt, dass die beiden Gruppen wahr- 
scheinlich eine andere Bedeutung haben und der Sarko- 
phag nicht christlichen, sondern antiken Ursprungs ist.  
Es ist um so weniger wahrscheinlich, dass Sibyllen sollten 
auf Sarkophagen dargestellt sein, da auch nicht Propheten 
als solche dort vorkommen, sondern nur in gewissen 
Handlungen, die ihnen einen typischen Charakter geben, 
wie Elias gen Himmel fahrend, Jonas vom Walliisch aus- 
gespieen, Daniel in der Löwengrube. 
Eben so wenig enthalten die altern Mosaiken, in 
der ganzen grossen Reihenfolge, die seit dem vierten 
1) Abgebildet bei Bouari T. I. p. 122. 
von Böstell, Beschreib. Roms I. S. 
Die obige Erklärung ist 
415.
	        
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