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wunderbare Fortpflanzung des Phönix 1) als Analogie für
die übernatürliche Erzeugung Christi geltend. Den Heiden,
welche über die Geburt Christi von der Jungfrau zu spotten
pflegten, wenn sie davon hörten, hält Rufinus 2) entgegen,
dass ja der Phönix sogar ohne Weib entstehe oder wieder
entstehe, so dass er stets derselbe sei und sich selbst
wieder erzeuge. Derselbe Vergleich, aber in einer
eigenthümlichen Wendung, kehrt wieder in der althoch-
deutschen Poesie, welehe der Verherrlichung der Maria
sich hingab. Die h. Jungfrau heisst ein Feuer des Lebens,
worin der alte Phönix sich verjüngte, in der Goldenen
Schmiede (um 1280) des Conrad von Würzburg 3). Und
ähnlich bei Frauenlob 4) 1317).
Doch ist auch im zwölften Jahrhundert die Deutung
des Phönix auf die Auferstehung Christi durch eine alt.-
hoehdeutsche Bearbeitung des Physiologus dargeboten;
der Phönix, der sieh in seinem Neste verbrennt und aus
der Asche am dritten Tage wieder hervorgeht, wie er
gewesen, heisst dort ein Bild Christi nach den Worten
1-) In dieser Beziehung, dass er nicht durch Zeugung, sondern aus
seiner Asche wieder ersteht, erwähnt seiner auch Ambros.
in Ps. CXVIII. Serm. 19. c. 13. Opp. T. I. p. 1212.
2) Bufin. Comment. in syxnb. apost. c. 11. Opp. ed. Vallarsi p. 73.
3) Conrad v. Würzburg Goldene Schmiede v. 364-369,
herausgegeb. von W. Grimm S. 12 (vergl. S. XXXIV):
dü bist ein fiur des lebetngen
dä sich der Fönix inne
von altem ungewinne
ze vröuden wider inüzetc.
wie sanfte er bi dir lüzete
biz daz er wart erjunget wol!
4) von der Hagen Minnesing. Th. II. S. 340. _b:
ich binz, diu glnot.
da der alte Fenix innen sich erjungon wolde.
Ein anderes Gleichniss vom Phönix hat. Frauenlob ebendas.
Th. III. S. 381. vergl. Th. IV. S. 737. Anm. 6.