Volltext: Mythologie der christlichen Kunst von der ältesten Zeit bis in's sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1, Abth. 1)

höchsten Geheimnisse des christhchen Glaubens in sich 
schliessen, das ist Tod und Auferstehung sammt Himmel- 
fahrt Christi, von künstlerischer Darstellung ausgenommen 
wurden. Wie erst das Lamm und der gute Hirte, später 
Christus selbst vorgestellt wurde; so begnügte man sich 
lange mit dem Zeichen des Kreuzes, bis man viel später 
den Gekreuzigten selbst abzubilden unternahm. Erst Jahr- 
hunderte nach der Epoche Kaiser Constantiifs wurden jene 
Gegenstände in den Kreis christlicher Bilder aufgenommen. 
 Dieses Vorangehen der symbolischen Darstellung vor 
der eigentlichen auch nach Constantin deutet schon darauf 
hin, dass die ganze Periode der symbolischen Kunst vor 
ihm nicht hloss aus äusseren Motiven, wie der Furcht der 
Christen, den Heiden sich kenntlich zu machen und die 
Verfolgung hervorzurufen, oder der Scheu, die Mysterien 
der christlichen Religion prof-anen Blicken preiszugeben, 
zu erklären ist, sondern eine innere Notlnvendigkeit hat. 
Der Unterschied der symbolischen von der eigent- 
lichen Darstellung besteht darin, dass in der letztern der 
Gedanke des Künstlers vollständig aus dem Kunstwerk 
mittelst des sinnlichen Auges ersehen wird, während in 
der erstern das Auge des Geistes hinzugenommen werden 
muss, um durch Vermittelung einer nicht in dem Kunst- 
werk ausgedrückten Vorstellung von dem dargestellten 
zu dem darunter gedachten Gegenstande überzugehen, in- 
dem der Künstler ein Anderes gedacht, ein Anderes dar- 
gestellt hat. In der symbolischen Darstellung ist nicht 
der ganze Gedanke des Künstlers an die Kunst hingegeben, 
Sondern zum Theil ihm innerlich geblieben, im Geist zu- 
rückbehalten, während er bei der eigentlichen Darstellung 
ganz veräusserlicht, in dem Kunstwerk ausgeprägt wird. 
Demnach bezeichnet der Uebergang von der symbolischen 
zur eigentlichen Darstellung eine weitere Stufe des Ueber- 
gangs von innen nach aussen,  wie die Kunst über-
	        
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