Volltext: Mythologie der christlichen Kunst von der ältesten Zeit bis in's sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1, Abth. 1)

Ei 
Allerdings aber kehrt gegen Ende des Mittelalters 
eine Kunstvorstellung aus dem Heroenmythus wieder, 
welche schon im christlichen Alterthum angeeignet wor- 
den, die Wölfin mit den Zwillingen. 
Bomulus 
und 
Bemus 
bei 
der 
Wölfin. 
Merkwürdig, dass diese Sage nicht bei Rom stehen 
geblieben, sondern auch in Deutschland umhergewan- 
dert und Gegenstand der bildenden Kunst geworden 
ist. Noch aus einer frühern Epoche, der Zeit um 1380, 
sieht man diese Scene an dem Kapellenthurm zu Rott- 
weil: die Wandpfeiler des Spitzgiebels, der sich über 
der Fensterrosc erhebt, stehen auf Konsolen, von denen 
die eine Romulus und Remus bei der Wölfin darstellt 1). 
Auch in dem Kreuzgang des Brandenburger Doms ist an 
einem Säulenkapitäl eine Wöllin abgebildet, die mehrere 
Kinder zu saugen scheint;  man setzt sie in Verbindung 
mit der Remussage, welche an verschiedenen Orten der 
Mark Brandenburg erzählt wird 2). 
Dagegen mit andern Thatsachen der Urgeschichte 
Roms erscheint jenes wunderbare Ereigniss auf der 
Bronzethür der Peterskirche von Antonio Filarete 3). 
Das sind also kirchliche Bildwerke, in denen die Fabel 
zugelassen ist. Man sieht ferner diese Scene auf die 
römische Geschichte bezogen in einem Holzschnitt vor 
den Mirabilien Urbis Romae 4). Wiederum neben andern 
geschichtlichen Bildern, Proben heldenmüthiger Tapferkeit 
 Merz Uebersicht etc. Tüb. Kunstblatt 1845. N0. 91. S. 377. 
2) Krüger Ueber Thierbilder in Kirchen und deren Bedeutung, 
im VII. Jahresbericht des Altmärk. Vereins, 1844. S. 100. 
a) S. oben S. 293. 
4) In der H. Bibl. zu Gotha, s. Jacobs u. Ukert Beitr. I. S. 77; 
in der K. Bibl. zu München, Xylogr. 50., s. Massmann im 
Seralßeuln, 1841. S. 309.
	        
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