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Sonnenwagen zur Erde geschleudert, ist in Buckingham-
liouse 1) ; desgleichen ein Marmorrelief von Jacopo San-
sovino im Museum zu Berlin z). Auch der römischen
Schule ist diese Aufgabe nicht fremd geblieben: eine
Composition des Inhalts wird dem Perino del Vaga bei-
gemessen 3). Und von Giulio Romano ist ein Gemälde
im Palast del Te zu Mantua, welches nach Einigen den
Sturz des Phaeton darstellt, nach Vasari4) aber den Fall
des lcarus, dem an der Gluth der Sonne das Wachs der
Flügel geschmolzen.
Diese Scene enthält einen bemerkenswerthen Gegen-
satz zu den Ereignissen des Heroenmythus, welche sonst
die Meister der neuern Kunst sich zum Vorwurf ge-
nommen haben. Es sind die Thaten des Ruhms, welche
man nachzubilden liebte: man stellte in Heroen, wie
Hercules und Perseus, die menschliche Gestalt vor Augen
in der Entfaltung übermenschlicher Kraft, den Helden in
Kampf und Sieg. Hier aber erscheint der Mensch, obwohl
eines Gottes Sohn, da er seines Looses sich üherhoben,
in Ohnmacht, leidend und dem Untergang verfallen 5).
1) Passavant Kunstreise durch England u. Belgien S. 236. Da-
selbst ist auch eine Zeichnung von Michelangelo: Prometheus,
angeschmiedet, dem der Geier die Leber frisst, nach Passavant
S. 237; doch fragt es sich, ob das nicht Tityus sein soll, dem
ein Geier das Herz frisst, wenigstens gedenkt Vasari dieser
Zeichnung nebst der obigen gelegentlich Bd. III. Abth. 2. S. 285.
2) Ti eck Verzeiclin. der am. Bildwerke des K. Museums zu Berlin
S. 93. Ein grosses Medaillen mit dem Sturz des Phaeton ist
in der K. Kunstkammer zu Berlin, Kugler Beschreih. der in
der K. Kunstkaimner vorh. Kunst-Samml. S. 123.
a) Passavant Rafael von Urbino Th. II. S. 656.
4) Vasari Leben der Maler III, 2. S. 401.
5) Hierbei ist bemerkenswerth, dass der Fall Pbaetons als Bild
des Siindenfalls in einer Dogmatik aus dem Anfang des 16. Jahrh.
vorkommt, s. oben S. 289.