Volltext: Mythologie der christlichen Kunst von der ältesten Zeit bis in's sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1, Abth. 1)

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Noch weniger hat die altchristliche Kunst an diesen 
Gegenstand sich versucht. Aber frühzeitig, seit dem 
zweiten Jahrhundert, ist dieselbe von den Kirchenlehrern 
angeeignet und empfohlen worden. Um so mehr, da sie 
mit biblischen Vorstellungen eine gewisse Verwandt- 
schaft hat. 
Und wohl nicht zufällig ist diese Verwandtschaft, 
sofern anzunehmen ist, dass die Fabel, wenn sie auch 
der Form nach das Werk des Prodicus ist, doch in ihren 
Grundlinien von ihm nicht erfunden, sondern in seiner 
Heimath Ceos vorgefunden sei,  eine alte Ueberlieferung, 
die von dem Tyrischen Hercules ausgehen und so dem 
Orient zurückzugeben sein mag 1). Denn vergleichen 
lassen sich mit jener Fabel die Bilder der Sprichwörter 
Salomonis, jene Schilderung (c. 7.  wie die Wollust 
den Jüngling gewinnt, dagegen die Weisheit den Menschen 
lockt,  freilich mit dem Unterschied, dass nicht beide 
in derselben Handlung auftreten, um den Jüngling wett- 
eifernd, dass die Verführerin nicht eine abstracte Person 
ist, sondern als ein wirkliches Weib eingeführt wird, 
und eben so wenig die Weisheit als eine blosse Per- 
sonification erscheint, sondern die aus Gott geborene 
wesentliche Weisheit ist. Aber auch die Vorstellung von 
den beiden Wegen, dem der Gerechten und der Gott- 
losen, findet sich im Alten Testament (Psalm  und 
bildlicher ausgeführt in der Bergpredigt (Matth. VII, 
13.  Davon leitet Clemens von Alexandrien geradezu 
die Fabel des Prodicus ab 1),  aus der er insbesondere 
1) Vergl. Boettiger Hercules in bivio p. 13. und dagegen 
Welcker in der Bec. dieser Schrift, Schulzeitung 1831. N0. 85. 
S. 677. Ueber die Elemente und Voraussetzungen der Fabel 
s. denselben in d. Abhandl. über Prodikos a. a. O. S. 579 (f. 
2) Clement. Alex. Strom. V, 5. p. 664. ed. Potter.
	        
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