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tauren selbst als Repräsentanten rascher Gewaltthat 1),
wie denn auch unter ihnen Nessus, welcher der Dejanira
hatte Gewalt anthun wollen, und Pholus, „welcher stets
vor Zorn geschnaubt", namhaft gemacht werden. Jene
Scene aber, wie die Seelen in der Unterwelt von Cen-
tauren verfolgt werden, hat Bernardo wiedergegeben in
seinem jüngsten Gericht in der Kirche S. Maria novella
zu Florenz 2).
Andererseits ist ein Centaur als Symbol des Eigen-
willens von Giotto vorgestellt in seiner allegorischen
Darstellung des Gehorsams, welche in der Unterkirche
S. Francesco zu Assisi am Kreuzgewölbe über dem Grabe
des Heiligen die südliche Seite einnimmt 3). Der Gehor-
sam zeigt sich als eine ältliche geflügelte Gestalt, aus
deren Händen ein Klosterhruder knieend ein Joch auf
seine Schultern empfängt; daneben sieht man die Figuren
der Klugheit und der Demuth. Unten zur Seite aber
wird der Eigenwille in Gestalt eines Centauren vertrieben.
Allerdings erscheint derselbe in einer überirdischen Um-
gebung, wenn auch die Scene auf Erden ist, sofern Engel
umherstehen, welche schon hienieden die Selbstüber-
windung des Gehorsams feiern.
4. Wiederum die allgemeine Bedeutung, in welcher
die Centauren früher vorgestellt wurden, ist sehr deutlich
ausgeprägt in kirchlichen Sculpturen aus dem Anfang
des fünfzehnten Jahrhunderts. Es sind die schon früher
(S. 292.) erwähnten Reliefs eines achteckigen Taufsteins
1) Unter den Beispielen bestrafter Unmässigkeit werden die Cen-
tauren im sechsten Kreise des Berges der Reinigung aufgeführt,
s. oben S. 146.
2) Ebenso erscheinen Centauren in einer Scene der Unterwelt am
Grabmal des Girolamo della Torre von Andrea Riccio; von
beiden s. oben S. 277. 311.
a) Beschrieben im Tüb. Kunstblatt 1821. S. 178. Vergl. oben S. 275.