Volltext: Mythologie der christlichen Kunst von der ältesten Zeit bis in's sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1, Abth. 1)

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kann nun ohne tiefere Bedeutung bloss Attribut des Meer- 
weibes sein, wie die Mediceische Venus, die aus dem 
Meer emporgestiegene, den Delphin neben sich hat; doch 
findet sich zuweilen eine weitergehende Symbolik ange- 
deutet: und da liegt es nahe, den Fisch für das Bild der 
Seele zu nehmen, die von den Wogen der Welt umher- 
getrieben von der Sirene sich hat fangen lassen,  
wie umgekehrt die Christen, die durch das Wasser der 
Taufe von der Sünde gereinigt sind, bei Tertullian pisci- 
culi genannt werden. Zwei Sirenen, jede einen Fisch 
haltend, sind an den Kapitälen von S. Germain des Pres 
in Paris 1) aus der zweiten Hälfte des zehnten Jahrhunderts. 
An den Arkaden des Kreuzgaxigs von St. Aubin sieht 
man eine Sirene, die in der Linken einen Fisch, in der 
Rechten ein Messer hält 2).  Eine eigenthümliche Vor- 
stellung zeigt ein Kapital der Kirche zu Cunault: eine 
Sirene mit einem Fisch in jeder Hand, neben ihr auf dem 
Wasser schwimmend eine Barke, in welcher ein Mann 
sitzt, der aus ihrer Hand den einen Fisch empfängt 3). 
An einem ähnlichen Kapital zu Civaux findet sich noch 
auf der andern Seite der Barke eine ziveite Person, die 
sich in den Abgrund zu stürzen scheint, über welchem 
die Barke schwebt 4). Namentlich auf die drei letzten 
Vorstellungen bezieht sich jene Meinung, dass die Sirene 
ein Bild der christlichen Seele oder der göttlichen Gnade 
sein soll,  wonach der Fisch, den sie in der Hand 
hält, im erstern Fall auf Christus (was ein ganz unpassendes 
Bild giebt), im andern auf die christliche Seele bezogen 
wird. Indem ich den Sinn dieser Bildwerke für jetzt 
1) Lenoir Monum. de 1a France p. 19. Pl. XIV. iig. 10. 
2) Abgehild. bei de Caumont an dem angef. O. 
3) Abgebild. in den S. 385. Anm. 2. angef. Mäm. etc. PI. X. 
4) Ebendas. p. 442.
	        
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