Volltext: Mythologie der christlichen Kunst von der ältesten Zeit bis in's sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1, Abth. 1)

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Da erscheint 
wirren : 
die 
heilige 
Frau , 
die 
Sängerin 
Zll 
ver- 
sie riss das Kleid, das jene deckte, 
Ihr vom entzweiund zeigte deren Leih mir, 
Aus dem Gestank quoll, welcher mich erweckte. 
Worauf Dante's Führer, Virgil erklärt: das sei die alte 
Zauberin, 0b der geweint werde in den Kreisen dieses 
Berges, wo man von dem Geiz, der Schwelgerei und der 
Wollust sich reinige: und so werde man ihrer los, in 
ihrer wahren Gestalt sie betrachtend. 
Offenbar muss man diese an den alten Mythus sich 
anschliessende und durch eine Reihe gleichzeitiger Zeug- 
nisse bestätigte Ansicht von den Sirenen zum Grunde 
legen, wenn man den Sinn der mittelalterlichen Bildwerke, 
in denen sie dargestellt sind, bestimmen will. Ueber diese 
Bildwerke, aber ohne Rücksicht auf jene Zeugnisse, ist 
neuerlich in Frankreich mehrfach verhandelt worden: sie 
sind namentlich in den Generalvcrsammlungen der fran- 
zösischen Gesellschaft für Erhaltung der Denkmäler im 
J. 1841 zu Angers 1) und im J. 1843 zu Poitiers 2) zur 
Sprache gekommen. In der erstern hat Caumont, der 
Stifter dieser Gesellschaft, die Ansicht des Abbe Voisin 
vertreten: die Sirene sei das Symbol der christlichen 
Seele, die durch die Taufe gereinigt ist,  wie jene 
Figur auch häufig an alten Baptisterien sich finde; der 
Fisch, den sie öfters in der Hand hält, sei das Symbol 
Christi. Dieselbe Ansicht ist zu Poitiers ausgesprochen, 
aber auch eine andere Erklärung versucht: die Sirene 
sei ein Bild der göttlichen Gnade, welche die Fische, 
d. i. die christlichen Seelen aus dem Meer der Welt 
nimmt. Die Bildwerke, worauf man sich hierbei bezieht, 
1) de Caumont Bulletin monumem. T. VII. p. 514. 
2) Mäm. de la Soc. des antiq. de Pouest. a. 1843. p. 442 sq. 
Piper, Mythol. u. Symbol. d. chr. Kunst. I. 25
	        
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