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ungehändigte Naturkraft, welche auf das ihr preisgegebene
menschliche Leben zerstörend wirkt, theils die Triebe
wider die sittliche Ordnung als selbständige Mächte vor
Augen zu stellen.
Insbesondere ist die Vorstellung von Dämonen der
letztern Art von der spätern christlichen Kunst angeeignet
und in kirchlichen Kunstwerken einheimisch geworden:
es erscheinen namentlich Sirenen, Centauren und Satyrn
als verneinende Mächte in der sittlichen Sphäre. Und
zwar wird der Satyr in persönlicher Geltung aufgefasst
als Bild des Satan; Sirenen und Centauren aber haben
allegorische Bedeutung: sie sollen die Versuchungen
und Gefahren dieser Welt zeichnen, die erstern die
Lockung, die andern die Gewalt.
Andererseits erscheint eine allegorische Figur, eben-
falls aus menschlicher und Thiergestalt zusammengesetzt,
welche die Macht des Bösen in der natürlichen Sphäre
repräsentirt: das ist das fürchterliche Haupt der Gorgo.
Schon von der altern christlichen Kunst ist dieses Bild
benutzt; doch kommt es überhaupt nur ausnahmsweise vor.
Von diesen allegorischen Vorstellungen soll hier
zuerst die Rede sein.
Dämonen
Mächte
Sünde.
als
Todes
des
und
der
Das
Medusenhaupt.
Ganz gewöhnlich sah man auf heidnischen Grab-
mälern das Haupt mit den Schlangenhaaren einfach oder
doppelt 1): da stand es als ein Bild des Schreckens und
1) Ein runder Schild mit Medusenhaupt von zwei Genien gehalten
an der Front äines Sarkophags aus der Villa Borghese im Louvre,
Clarac Musöe de sculpt. PI. 192. n. 493. T. II. p. 787. und