341
Zweitens zeigt sich die gänzliche Verkümmerung des
Mythus, als er von den Niederländern der Genremalerei
dienstbar gemacht wurde: da ist es kein Gedanke mehr,
um dessentwillen man den Mythus heranholt, am wenigsten
ein poetischer; sondern er dient nur als Aushängeschild,
ein Schema, in welches Vorgänge aus dem gemeinen
Leben, auch Bilder aus der Naturgeschichte hineinge-
zeichnet werden. Den Uebergang dazu macht ein alle-
gorisches Bild von Marten de Vos (1531-1604) in der
Gallerie zu Berlin (n. 704): in vornchmer Gesellschaft,
an der auch Venus und Mars auf ihre Art Theil nehmen,
wird Amor von einem Herrn in spanischer Tracht ge-
züchtigt, während eine Schaar Liebesgötter die Flucht
ergreift. Ausgebildet zeigt sich diese Art bei Jan
Breughel, Frans Snyders u. A.: von dem erstern ist in
der Berliner Gallerie (n. 678.) eine Schmiede mit vielen
Waffenstücken, wo neben mehreren Kneehten auch der
Herr der Schmiede beschäiftigt ist, der Weib und Kind
bei sich hat, das ist Vulcan mit Venus und Amor; von
dem letztern ist ebendaselbst (n. 777.) Meleager und
Atalanta, welches Thema gewählt ist, um zwei Jagd-
hunde, zwei todte Hasen und den Kopf eines Ebers an-
zubringen. Die Figuren des Mythus sind hier von Abraham
Jansens 1), wie in dem vorigen Fall die Göttergestalten
von Hendrick van Baalen: denn bei diesen immer mehr
in's Enge gehenden Malereien liebte man die Theilung
der Arbeit.
Ein solches Ende nahmen die mythologischen Mo-
tive in der neuern Kunst, nachdem man in nüchternen
1) Von Abraham Jansens u. Frans Snyders ist auch eben-
das. (n. 775.) Pomona und Vermumnus mit vielen Früchten und
etlichen todten Vögeln. Desgleichen von einem deutschen
Künstler Adam Elzheimer Ceres hastig aus einem Kruge
trinkend und von einem Knaben verspottet (n. 696.).