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erlangt hätten, viel weniger dass man durch sie das
christliche Interesse verdrängen und den kirchlichen
Charakter der Kunst schwächen liess. Dies ward nicht
bloss durch den Mangel antiker Vorbilder gehindert,
sondern hatte einen positiven Grund: wie hier die be-
deutendsten Meister der Malerei der reformatorischen
Bewegung der Kirche folgten und in der Kunst den
eigenthümlich protestantischen Charakter ausprägten, so
war es auch der Geist des evangelischen Bekenntnisses,
der ihnen zu ihren Hauptwerken die Ideen eingab. Unter
ihnen war Albrecht Dürer überdies der Antike nicht
geneigt. Doch zieht sich zwischen seinen grösseren
Werken eine Reihe mythologischer Bilder hin, von
denen einige aus seiner frühesten Zeit, vom J. 1494,
schon vorhin (S. 329.) genannt sind. Dazu kommt (um
nur aus verschiedenen Perioden solche namhaft zu machen,
die mit einer Zeitangabe versehen sind) eine Feder-
zeichmmg vom J. 1503: Venus auf einem Delphin
reitend mit einem Stabe in der Hand, auf welchem
Amor steht, in der Sammlung des Erzherzogs Karl in
Wien, und eine mit Saftfarbe ausgeführte Federzeich-
ilung: Venus, zu welcher Amor mit einem Honigkuchen
vor den ihn vcrfolgenden Bienen sich flüchtet, vom J.
1514, in der K. K. Ambraser Sammlung; ferner ein
Kupferstich der Raub der Proserpina vom J. 1516 und
ein Holzschnitt die grosse Säule mit dem Satyr vom
J. 1517. Das in dieser Folge von Blättern ausgesprochene
Interesse dient auch zur Erklärung der früher (S. 299.)
erwähnten Dürefschen Zeichnungen vom J. 1515, welche,
zum Theil mythologischen Inhalts, den Rand eines Gebet-
buchs zieren. Mehr sagten solche Aufgaben dem Sinn
des Meisters der Sächsischen Schule Lucas Cranach d. Ä.
zu, von dem namentlich Venus in einer Landschaft öfters
gemalt ist.