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hatte auf Reisen durch Italien und Griechenland eine
ansehnliche Sammlung antiker Sculpturen in den Originalen
oder in Abgüssen zusammengebracht, auf die er beim
Unterricht hinwies. Die Spuren davon finden sich zu-
nächst bei dem Giaconio Bellini, dem Schüler oder
vielmehr Gehülfen des Squarcione und Stifter der vene-
tianischen Schule des funfzehnten Jahrhunderts, in einer
Folge von (99) Handzeichnungen, die, jetzt im Besitz
des Herrn Mantovani in Venedig, erst neuerdings bekannt
geworden sind: sie scheinen zwischen 1430-1436 ver-
fertigt zu sein 1). Darunter sind auch einige mythologische
Seenen, namentlich die Grazien, ein nackter Faun auf
einem rennenden Löwen, von einem Bogenschützen und
einem Reiter verfolgt, ein Silen, auf einem Esel festge-
halten, und ein Zug, wahrscheinlich Bacchus mit seinem
Gefolge 2). Doch beweiset die im Verhaltniss zu den
Darstellungen aus der heil. Schrift und der Legende
geringe Anzahl solcher Studien nach Antiken, dass die
Vorliebe seines Lehrers für das klassische Alterthum auf
ihn nicht übergegangen. Desto mehr zeigt sich der Ein-
fluss jenes Studium bei dem bedeutendsten Schüler des
Squarcione, dem Andrea Mantegna (1430-1506),
Sowohl im Stil, wie an seinen vier Evangelisten in der
Kirche der Augustinerereniiten zu Padua die Nachahmung
antiker Marmorarheiten von Squarcione selbst getadelt
wurde, der freilich indessen mit ihm sich verfeindet hatte,
als in der Wahl der Aufgaben. Dieselben sind nicht
minder aus dem klassischen Altcrthtnn genommen, als sie
kirchliche Gegenstände (Madonnenbilder, Scenen aus dem
Leben Jesu u. a.) umfassen; ja die erstern haben fast
das Uebergewicht zwar nicht durch Zahl, aber durch
I) Gaye im Tüb.
2) B1. 31. 53. 98.
Kunstbl. 1840. S. 89.
94. s. Gaye a. a. O.
138 f.
S. 134