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der Poesie des klassischen Alterthums, aus der Heroen-
und Götterfabel hervor, da die Grossen es liebten mit
Solchen Bildern sich zu umgeben. S0 wurden in der
zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts für den ältern Lorenzo
eine Pallas von Sandro Botticelli, die Geschichte Vuleans
von Domenico Ghirlandajo 1), so wie einige nackte Götter-
gestalten von Luca Signorclli gemalt, der auch zu Siena
den Palast des Pandolfo, eines eifrigen Verehrers und
Nachahmers des griechischen Alterthmns, mit mytho-
logischen Gemälden (der Geschichte des Midas, einem
Bacchanal und dem Tod des Orpheus) schmückte.
Noch älter aber ist dies Interesse bei den Künstlern
selber, wie auch von selbst es sich versteht, dass
eine neue Richtung in der Kunst nicht auf Bestellung
zum Vorschein kommt. Denn wie gross auch jene Ab-
hängigkeit sei, so steht doch fester die Selbständigkeit
der grossen Meister, die ihren eigenen Weg verfolgend
dem Jahrhundert sein Gepräge geben. Sie machten aber
damals mythologische Motive sich zu eigen, da sie, an
den Vorbildern der Antike zum Bewusstsein einer höhern
Kunstthätigkeit erwachend, auf das Studium von Kunst
und Leben der alten Welt sich hingewiesen sahen, und
wie sie dieses mit Liebe umfassten, so auch den tiefsten
Gehalt des antiken Lebens, den religiösen Mythus in die
Phantasie, als die Geburtsstätte künstlerischer Gedanken,
aufnahmen.
Dies Interesse für mythologische Aufgaben otfenbart
sich sowohl in der Theorie als in der Ausübung der
Kunst. Jenes sieht man an dem ersten und grössten
Schriftsteller über Kunsttheorie im Zeitalter seit Wieder-
herstellung der Kunst bis zu Leonardo da Vinci, dem
Von dem erstem
Spedaletto.
der_ Medici,
im Hause
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dem letztem
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