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entgegen trat: es wurde aus der profanen Kunst eine
unheilige, sofern sie sich dahin verirrte, der sinnlichen
Begierde zu schrneicheln, selbst Unzucht zu predigen,
wozu der Mythus, wenn man darnach suchte und moderne
Reflexion hineinspielen liess, statt im Geist der Natur-
religion und, wenn man eine christliche Vorstellung
hinzunehmen will, als jenseits des Sündenfalls liegend,
ihn aufzufassen, reichlich Gelegenheit bot. Das war
jedoch nicht eine Folge jener Erweiterung des Kunst-
gebiets, sondern der Verderbniss des Zeitalters, welches
auch einzelne Meister der Kunst sich dienstbar machte.
Auch fällt dies erst in eine spätere Zeit, nachdem jene
Theilung schon durchgeführt war und die Kunst über-
haupt ihren Höhepunkt bereits überschritten hatte.
Von besonderem Interesse ist es, das erste Auftreten
und die Verbreitung mythologischer Kunstvorstellungen
im funfzehnten Jahrhundert zu verfolgen, wo die Ursachen
dieser Erscheinung, welche zuletzt zusammenwirken, noch
aus einander liegen und um so deutlicher sich zu er-
kennen geben.
Im
funfzehnten
Jahrhundert.
Wie die allgemeine Richtung des Zeitalters auch für
die Kunst bestimmend wurde, dem klassischen Alterthum
sich zuzuwenden und aus diesem Kreise ihre Aufgaben
zu wählen: so waren es theils innere Gründe, welche
dahin leiteten, theils wurde sie von aussen dazu ver-
anlasst.
Die äussere Veranlassung lag in den Forderungen,
welche an die Künstler gestellt wurden. Denn überhaupt
ja ist der Künstler abhängig von dem Beifall, welchen
seine Werke finden, von dem Verlangen, mit dem man
ihm entgegen kommt. Also gingen aus dem herrschenden
Interesse des funfzehnten Jahrhunderts die Aufgaben aus
Piper, Mythol. u. Symbol. d. chr. Kunst. l. 21