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fort, die im Kreise wie der Natur, so des menschlichen
Lebens ihr erwachsen 1), eine Richtung, die schon
vorher, selbst im Bereich kirchlicher Vorstellungen sich
ankündigte, als statt christlicher Charaktere gefühlvolle
Gestalten, auch Scenen aus dem Familien- und Volksleben
vorgeführt wurden. Es machte das Leben Anspruch ge-
schildert zu werden in der sinnlichen wie in der geistigen
Sphäre, nach der Schönheit und Beweglichkeit der ein-
zelnen Erscheinung, wie nach den beseelenden Ideen und
den Kräften, welche die geschichtlichen Verwickelungen
beherrschen. Solches aber War zum grossen Theil in
dem alten Heroen-und Göttermythtis ausgeprägt und in
den Denkmälern des Alterthums sichtbar; es hatten diese
Gebilde sammt dem Mythus den Charakter der Noth-
wendigkeit; dergleichen konnte nicht zum zweitenmal
willkürlich geschaffen werden. S0 boten der Kunst, als
sie der neuen Aufgaben inne ward, die mythischen Vor-
stellungen sich dar, die der Musen und Grazien, von
Amor und Psyche, von Hercules und Prometheus und so
viele andere, zu deren Darstellung in der kirchlichen
Kunst kein Raum war. Diese hatte ihre Einfalt und
Würde aufgeben und ganz verweltlichen müssen, wenn
sie solchen Ideen sich fügen wollte: welche Gefahr
dazu schon vorhanden war, ist zumal aus der Vermischung
beider Gebiete zu ersehen gewesen. Es war also im
eigenen Interesse der kirchlichen Kunst, um ihren Charakter
zu bewahren, dass die weltlichen Neigungen selbständige
Vertretung, mithin auch die mythologischen Vorstellungen
ein eigenes Gebiet in der modernen Kunstübung erhielten.
Bei dieser Theilung der Kunst in eine heilige und
profane kam es freilich auch dahin, dass die letztere
nicht bloss der erstern zur Seite, sondern ihr selbst
Vergl.
Forsch.
R u m 0 h r Italien.
Tii. II.
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