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in welcher zahlreiche mythologische Gegenstände, grau
in grau gemalt, aufgenommen sind 1).
Nach diesen Vorgängen hat Raphael für die Ein-
fassung biblischer Scenen antike, auch mythologische
Motive in Anwendung gebracht: zuerst schon in einem
seiner frühesten Gemälde, der um 1501 oder 1502 ent-
standenen Anbetung der Könige, welche, seit 1833 Eigen-
thum der K. Gemäldegallerie zu Berlin (n. 150), ur-
sprünglich den Hochaltar der Klosterkirche von Ferentillo
geschmückt hat. Auf der obern Seite ist das in der Mitte,
in einem Bund, befindliche goldene IHS umgeben von
weiblichen Gestalten, die in Acanthusgeivinden endigen,
und von Knaben, die nach Vögeln haschen; eben so wird
auf der untern Seite das Wappen der Familie Ancajani
von Tritonen, Nymphen und Knaben eingeschlossen?)
Er hat dann auch die grossen Gegenstände seiner Loggien-
gemälde, jenen Cyclus Alttestamentlicher Geschichten, mit
Darstellungen aus der Mythologie umgeben. Sie erscheinen
theils als ein Produkt künstlerischer Laune, theils ent-
halten sie sinnvolle Beziehungen auf den Hauptgegenstand:
so ist die Eroberung Palästinas eingefasst von einem Kampf
von Genien mit wilden Thieren; und gleich anfangs die
Geschichte der ersten ltlenschen und des Sündenfalls um-
geben Amorine, welche gegen Harpyien, Löwen und
Tiger streiten, gleichsam den Kampf göttlicher Liebe gegen
die wilden Regungen der gefallenen Natur darstellend 3).
1) Einige bei d'Agincourt Pittur. CLV], 4.
2) Waagen Ucber das Gemälde Raphaels aus dem Hause An-
cajani, in Kugler's Museum, Bl. f. bild. Kunst. Jahrg. 1834. S. 131.
3) Pass avant Rafael von Urbino Th. I. S. 269. Nicht so ver-
ständlich ist eine antike Vorstellung bei der Madonna di San
Francesco des Andrea del Sarto, welche im J. 1517 für die
Klosterkirche der Franciscanerinnen zu Florenz gemalt ist, jetzt
in der Tribune der Florentinischen Gallerie: man sieht darin die