279
dem herrschenden mythologischen Interesse die Herrschaft
des Evangelium sich vertragen mochte.
2. Es wurde das Heidentlnlm mit dem Christenthum
in Verhaltmss gebracht entweder so, dass man die Gegen-
stände heidnischer Verehrung als jenseits des Christen-
thums stehend, als dessen Voraussetzung ansahz. man
betrachtete die Mythengeschichte als ein Glied in der
Geschichte der Menschheit, als eine Epoche, welche vom
Christenthum überwunden ist. In diesem Gegensatz sind
heidnische Götter auch in kirchlichen Aufzügen zur Dar-
stellung gekommen. Zu Aix hat um das J. 1462 König
Bene einen Festzug zur Feier des Frohnleichnamfestes
angeordnet, der, nur mit einer Unterbrechung während
der Revolution, bis auf die neueste Zeit beibehalten ist 1):
am Vorabend des Festes erscheint der ganze Olymp in
Prozession zu Pferde, voran der Gott Momus, den Be-
schluss machen die Parzen; an dem Festtage selbst aber
werden ausser einem Spiel der Teufel Alt- und Neu-
testamentliche Personen vorgeführt, dazu der h. Christoph,
ein Sinnbild der Welt, die dem Erlöser sich unterworfen.
Durch dessen Gegenwart sind jene Gottheiten verscheucht:
in dem Sinn nannte Rene den ganzen Aufzug den Triumph
des anbetungswiirdigen Sakraments.
3. Ganz entgegengesetzt aber, wie man durch eifriges
Studium in das Alterthum sich hineinlehte, wurden auch
Vorstellungen des Heidenthums in die Gegenwart herüber-
genommen. Das war zum Theil, zumal in der Poesie,
nur als poetische Licenz gemeint sie gewährten eine
bequeme Einkleidung, welche den Gegenstand der Dich-
S. die Beschreibung bei Millin Voy. dans le midi de 1a France
T. II. p. 302 sqq. 304. 309-328. mit Abbild. P1, XLVII.
Nau m an n Der Tod in allen seinen Beziehungen, als Beitrag
zur Literaturgesch. der Todtentänze S. 68-72.