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dass gerade auch diese in das menschliche Leben ein-
greifenden mythologischen Motive, die Musen so wie die
Pareen und die Fortuna, in dem encyclopädischen Gedicht
des Alanus vorkommen, wie vorhin (S. 32.) nachge-
wiesen ist.
6. Wie der Geist Dante's der Poesie eine neue Bahn
eröffnete; so hat von ihm auch die bildende Kunst einen
mächtigen Impuls und eine neue Richtung empfangen:
auch sie bemächtigte sich der Allegorie und unternahm
es, statt in herkömmlichen Typen Personen und Handlungen
darzustellen, den Iieichthuin des Gedankens zu entfalten.
Da nun dem Gedanken Gestalt, Fleisch und Blut gegeben
werden musste, eine Gestalt, die auch allen erkennbar
wäre, dies aber in unerschöpflicher Fülle die Mythen des
Alterthums darboten, so fand man sich zu dieser Quelle
hingewiesen, die in Dante's Werken selber so reichlich floss.
Und zwar tritt der Einfluss Dante's nicht erst in der
Folgezeit hervor, sondern schon in seinem Zeitalter, da
er sowohl durch sein grosses Gedicht, als in persönlichem
Umgang auf die Künstler dieser Zeit einwirkle, insbe-
sondere auf Giotto 1).
Giotto.
Einige seiner Werke hat Giotto geradezu entweder
nach der Göttlichen Komödie Dante's oder, einer Sage
zufolge, nach dessen Angaben eomponirt. In allen zeigt
sich die Herrschaft des Gedankens und das Bestreben ihn
sinnreich durchzuführen. Wobei er auch dem Interesse
für mythologische Vorstellungen Raum gab, welches er
mit Dante theilt.
1) "Einiges über den Einfluss der Poesie Dante's auf bildliche
Darstellungen" finden sich bei Kopisch in den Ahhandl. hinter
s. Uebersetzung der Göttl. Komöd. S. 466.