Volltext: Mythologie der christlichen Kunst von der ältesten Zeit bis in's sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1, Abth. 1)

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nicht allein den Gang des Aeneas durch die Unterwelt 
geschildert, sondern am Schluss desselben auch die Rei- 
nigung der Seelen, namentlich durch Feuer verkündet und 
ihre Rückkehr auf die Oberwelt, nachdem s-ie aus dem 
Lethe getrunken.  Aber den wahren Gott hat er noch 
nicht erkannt 1); weshalb man auch in die Stadt Gottes 
durch ihn nicht gelangen kann 2). S0 nimmt denn auch 
Virgil auf dem Gipfel des Fegefeuerherges von Dante 
Abschied 3): er geht noch mit ihm bis an den Lethe, 
der sie noch vom irdischen Paradiese trennt, ist dann 
aber plötzlich V0FSClltVlIl1d0ll4). Und die himmlische Frau 
Beatrice, die den Virgil zu Dante gesendet, ist fortan 
vom irdischen Paradiese durch alle Himmel seine Führerin. 
Die Dichtung knüpft also allerdings geschichtlich an 
die Person und das Werk VirgiPs an: es wird ihm eine 
göttliche Sendung laeigeinessen, er erscheint auf der Höhe 
des Heidenthums stehend als ein Vorläufer des Christen- 
thums. S0 gilt er denn für eine Auctorität, selbst im 
Bereich der christlichen Erkenntniss,  gerade wie Ari- 
stoteles den Scholastikern 5). Dante sucht die Grundsätze 
VirgiFs mit denen des Christenthums in Uebereinstimmung 
zu bringen, namentlich den Ausspruch desine fata deum 
tleeti sperare preeando (Aen. VI, 376.) mit der Lehre 
 Dante Infern. I, 131. Dante beschwört. ihn bei dem Gott, den 
er nicht erkannt habe,  wohl eine Anspielung auf Apostel- 
geschichte 17, 23. 
2) Inf. I, 124-126. vergl. Pnrg. XXI, 32. 33. 
3) Pnrg. XXVIl, 127 Il'. vcrgl. Inf. I, 121-123. 
4) Purg. XXIX, 56. XXX, 49. 
5) Auch Dante nennt den Aristoteles den Meister der Wissenden. 
Inf. IV. 131. und führt ihn als den Philosophen schlechthin 
neben dem 1. Buch lllosis als Anctorilät an, Inl'. XI, 97-108. 
S. bes. Göschel Dante's Unterweisung über Schöpfung und 
Weltordnung S. 38. 44-60.
	        
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