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und aussen mit Bildwerk bedeckt sind, worin die ver-
schiedenen Stadien eines Liebesverhältnisses enthalten sind,
aber auch Frau Minne selbst vorgestellt wird. Das eine
im Nachlass der Königin Wittwe von Baiern vcrmuthlich
noch in München 1), aus dem vierzehnten Jahrhundert,
mit reicher und geschmackvoller Verzierung zeigt auf
der Kehrseite Frau Venus, deren Name (VENU) auch
vorne auf dem Spruchbande sich findet: sie schiesst vom
Bogen einen Pfeil dem eben dies Kästchen bittend empor-
haltenden Minner in die Brust für eine andere neben ihr
stehende Frau; worauf als nächste Folge Kuss und Um-
armung der beiden Geliebten erscheint. Das andere
Kästchen in der K. Kunstkammer zu Berlin 2), aus dem
vierzehnten Jahrhundert, aber jünger als das vorige, ent-
hält als Ilaupttlarstellung auf dem Deckel wieder die Frau
Minne, die mit weitgebreiteten Flügeln gebildet ist, den
Oberleib nackt, um die Hüften ein Tuch geschlagen: sie
sitzt auf dem Rücken eines auf Ellbogen und Knieen
liegenden bärtigen ltlannes, eine Anspielung auf den
Schwank vom Aristoteles. Zur Linken steht ein anderer
bärtiger Alte der Frau Minne sein Leid klagend mit den
Worten: „sie hatCs) dahina, wobei er auf die leere
Stelle seines Herzens zeigt, welches eine auf der andern
Seite stehende junge Frau in ihren Händen hält: eine
Hindeutung auf das Scheiden der Geliebten, welches auch
in der grossen zum Rahmen dienenden Umschrift ausge-
sprochen wird.
L
1) von der Hagen Ueber die Gemälde u. s. w. am a. O. S. 3081".
2) I. C. 143. (v. Ledebur) Leitfaden für die K. Kunstkammer
S. 12; beschrieben von Kugler Beschreib. der K. Kimstkammer
S. 41. n. 74. von der Hagen a. a. O. S. 309-311.
Kugler setzt das Kästchen um den Beginn des 14. Jahrln;
nach von der Hagen ist es wenigstens hundert Jahre jünger als
das erste und in's 15. Jahrh. zu setzen.