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Bild, wie es geistreich erfunden ist, ist fein und an-
inuthig ausgeführt und giebt ein schönes Zeugniss, wie
hoch damals die Musik gehalten und den übrigen Künsten
vorangestellt wurde, als diejenige, in der die Gaben aller
Musen sich vereinigen.
Dies erhält eine vielleicht gleichzeitige Erläuterung
durch eine Stelle des Vincentius von Beauvais (um die
Mitte des dreizehnten Jahrhunderts), der die Ableitung
des Namens Musik -von den Musen bemerklich macht 1)
und hinzufügt, dass nach der Meinung der Griechen
Pythagoras zuerst in dieser Kunst sich hervorgethan habe,
später wird auch des Orpheus gedacht. Vincentius
selbst jedoch erklärt sich für die Erfindung der Musik durch
Jubal, nach dem Zeugniss des Moses. Ueberhaupt zeigt
er sich in seiner Encyclopädie nicht nachgiebig gegen
die Ideen, die dem Alterthum entstammend in Umlauf
waren; daher auch sein Werk dem Eindringen antiker
Motive in die christliche Kunst nicht leicht Vorschub
thun keimte.
Jene beiden Kunstwerke aus Quedlinburg und Bheims
aber sind rein aus der Sphäre des Alterthums genommen,
doch so, dass in ihnen Gedanken desselben in mytholo-
gischer Form selbstthätig angeeignet, in dem zweiten
auch eigenthümlich componirt sind. Aber obwohl sie keine
Beziehung auf einen christlichen Gegenstand enthalten,
isl; ihnen doch eine kirchliche Bestimmung gegeben, in-
dem das eine einem kirchlichen Buch zur Zierde gereicht,
das andere einer Kirche zur Ausschmückung gedient hat.
Jletpoznezze, meditationem efüciens; Emto, inveniens simile;
Polinmia, capacitas memoriae; Uranim, celestis.
l) Vincent. Bcllov. Spec. Doctr. XVI, 10. p. 1509. vcrgl. 0.25.
p. 1518. und über Orpheus c. 34. p. 1522 f.