XXVII
Kunst, die im Dienst des Heiligen steht, eine ver-
söhnende Kraft beiwohnt: denn den ganzen Menschen
(nicht bloss sein streitsüchtiges Theil) erfasst sie
und lässt ihn sich selbst über die Gegenwart
der göttlichen Dinge, zu der sie ihn leitet, ver-
gessen.
Aber noch in einem weitem Kreise eröffnet
sich hier eine schöne Gemeinschaft. Der Fort-
schritt der Wissenschaften in der neuern Zeit be-
dingt eine immer Weiter gehende Theilung der
Arbeit, welche die Gefahr mit sich bringt, sowohl
dass die Idee des Ganzen der Wissenschaft das
Detail nicht mehr durchdringe, als auch dass das
Band der Wissenschaften unter einander sich löse.
Wovon zuletzt die Folge sein würde, dass an die
Stelle achter Wissonschaftlichkeit ein handwerks-
massiger Betrieb und zunftmässige Abgeschlossen-
heit tritt. Um so willkommener muss es sein,
wenn eine Disciplin ein Arbeiten in's Ganze noth-
wendig macht und ein Zusammenwirken mehrerer
Wissenschaften fordert. Von der Art ist der Gegen-
stand, der uns im Folgenden beschäftigt, da er
nicht minder der Kirchengeschichte als der Kunst-
geschichte angehört und was insbesondere jenes
Grenzgebiet betrifft, auf Welchem antike und christ-
liche Vorstellungen sich berühren und in einander
übergehen, die Mitwirkung von Seiten der klas-
sischen Alterthumskunde und Kunstarchäologie in
Anspruch nimmt. Nach solchem Umfang der An-