234
daneben die- heidnischen Ideen als gleich berechtigt in
die Kunst einführten. Bald aber drohten die letzteren
sogar ein Uebergewvicht zu erlangen: es wurden mytho-
logische Motive in ausgedehntem Maasse aufgenommen,
zum Theil mit Vorliebe behandelt. Da aber die Be-
geisterung in der Kunst auf beiden Seiten, für die christ-
lichen wie für die heidnischen Anschauungen, nacliliess;
so gehen die nächsten Jahrhunderte hindurch die beider-
seitigen Kunstbestrebungen mit verständiger Wahl neben
einander her.
Nach diesen Perioden sollen nun die mythologischen
Vorstellungen, die in der christlichen Kunst Eingang
gefunden haben vom zwölften Jahrhundert bis zum Ueber-
gang der mittelalterlichen in die moderne Kunst, in Be-
tracht gezogen werden.
Wobei der Unterschied in's Auge zu fassen ist, dass
theils mythologische Kunstvorstellungen erscheinen, die
einem christlichen Gegenstande der Kunst sich unterordnen
oder doch einem kirchlichen Interesse dienen, theils solche,
die selbständig auftreten und ihres eigenen Gegenstandes
wegen dargestellt sind. Beide Reihen werden wir in
allen drei Zeitabschnitten zu verfolgen haben.
Benutzung mythologischer Vorstellungen
zwölften bis zu Anfang des vierzehnten
Jahrhunderts.
Diese Vorstellungen werden hauptsächlich in alle-
gorischer Bedeutung genommen, um Gedanken zur An-
schauung zu bringen und Zustände, Eigenschaften und
Wirkungen zu repräsentiren, sowohl auf geistigem als
auf sittlichem Gebiet. Als Quelle aber der mythologischen
Kunstvorstellimgen erscheint in dieser Zeit weniger das
Vorbild antiker Denkmäler; vielmehr theils die Encyclo-