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Wahrscheinlich jedoch findet sich hier eine mytho-
logische Anspielung, eine Beziehung auf die Vorstellung
von der Ueberfahrt nach den Inseln der Seligen. Und
wenn man von hier aus auf die vorhin erwähnten christ-
lichen Grabmalcr zu Rom zurücksieht, so erscheint es
wahrscheinlich, dass auch dort in der Vorstellung von
Delphinen derselbe Gedanke geleitet hat 1), wenn es
auch frei bleibt, dass in einzelnen Fallen nichts Besonderes
darunter gedacht ist und der Delphin eben nur als Fisch
im Sinne jener rein und ursprünglich christlichen Sym-
bolik gelten soll. Das ist allerdings an einem andern
Ort, in Kirchen, unzweifelhaft, da man es liebte, kost-
bares Geräth zusammengesetzt aus zahlreichen Lampen in
Gestalt von Delphinen zu kirchlichem Gebrauch zu wid-
men, wovon in der Papstgesehichte des vierten und
fünften Jahrhunderts Nachricht gegeben wird
Bei jener mythologischen Beziehung aber ist es her-
vorzuheben, dass diese Thiere und Dämonen des Meeres
nur in Nebenwerken erscheinen und dass darin der Ge-
danke des Alterthums nur in einer leisen Andeutung zur
Darstellung gekommen ist, eine Besonnenheit," welche
der jungen christlichen Kunst zur Ehre gereicht.
L
Diese Erklärung hat schon Miinter Sinnb. I, 49. gegeben in
Beziehung auf die Vorstellung von Delphinen in den römischen
Katakomben bei Aringhi, jedoch schwankend und ohne die
Sarkophage in Arles und Leyden zu berücksichtigen, die haupt-
sächlich für diese Erklärung entscheiden. Wenn er aber be-
merkt: "wäre es nicht möglich, dass auch Christen, zumal
gnostisch-gesinnte, die vor den Symbolen des Heidenthums nicht
eben den Abscheu hatten, als die katholischen, solche Symbole
auf ihren Grabsteinen konnten nachgeahmt haben T" so wird
aus dem Folgenden erhellen, dass kein Grund ist, die Gnostiker
darüber in's Auge zu fassen.
2) Von Anastasius, s. Botlari Scult. e pitt. sagr. T. I. p. 76.
Piper, Mythol. u. Symbol. d. elir. Kunst. I. 15