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beide herabruft, und somit auf das siegreiche Christenthum
gedeutet; die Leda mit dem Schwan soll die Ungöttlich-
keit der heidnischen Götter vor Augen stellen: und
was dergleichen Willkürlichkeiten mehr sind. Offenbar
dürfen jene auf antiken Grabmälcrn so geläufigen Vor-
stellungen auch nur in antikem Sinn genommen werden:
an den Querseiten erscheint in dem Gorgonenhaupt die
versteinernde Gewalt des Todes, dessen Antlitz drohend
Spiele der Jugend überragt; auf der Vorderseite der jähe
Sturz, in welchem auch eines Gottes Sohn dem Tode nicht
entrann. Ausdrücklich auf diesen Gedanken leitet eine
griechische Inschrift über den Häuptern der Dioscuren 1):
über dem einen „niemand ist unsterblich," über dem
andern „sei getrost und erhoben"; sie bezieht sich wohl
auch auf eben diese Zwillinge, die auch nicht unsterblich
sind, aber doch abwechselnd leben. So hat die Mutter,
die dem dreiundzwanzigjahrigen Aelius Sabinus dies Grab-
mal setzte, durch den Zuruf sich trösten wollen, der häufig
vorkommt auf heidnischen Denkmälern. Eben so wenig
ist eine Spur des christlichen Bekenntnisses in der latei-
nischen Inschrift zum Gedäehtniss des Verstorbenen?)
enthalten. Andererseits wird der christliche Ursprung
durch den Weinstock mit den Genien gewiss nicht be-
wiesen; aber auch der Hirt mit dem Widder auf den
Schultern ist an sich kein sicheres Kennzeichen, wie
früher gezeigt ist (S. Und er scheint hier die
christliche Deutung geradezu abzuweisen, da er einem
die Flöte spielenden Hirten 3) gegenübersteht: es sind
1) 013622; äfiziuarog- 191290390, säyävu.
2) Publio Aelio Sabine, q-ui v-im. an. XXIIII dies XLV, An-
toniea Thesiplto mnter filio pientissinzo.
a) Bottazzi freilich nimmt diesen Flötenspieler für den Orpheus
und somit für ein Gcgönhild Christi als des guten Hirten. Diese
Erklärung ist aber unstatthaft, erstens weil das Kennzeichen des