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Allein von dem letztern kommt in der Schrift nichts
vor: denn dass die Häscher, die unter Anführung des
Judas wider ihn ausgezogen waren, als er sich ihnen zu
erkennen gab, zurückwichen und zu Boden fielen (Joh.
18, kann nicht dahin gerechnet werden, obwohl
es Zeugniss giebt von der Unschuld und Hoheit, die aus
seiner Erscheinung selbst diese Schergen einer verbreche-
rischen Gewalt ergriff. Und mit jenem Witz ist die Sache
auch nicht erledigt, der obendrein sehr leichtsinnig er-
scheint, wenn dadurch der Typus, der das ganze Mittel-
alter hindurch bis auf Raphael geherrscht hat, getroffen
werden soll. Denn dieser ist von den Zügen eines Kopf-
hängers und Weichlings eben so weit als von den Zügen
Jupitefs entfernt. Vielmehr wenn Poussin im Zusammen-
hang seiner überhaupt auf antike Vorbilder gerichteten
Kunstbestrebungen seinen Christus dem Jupiter nachbildete;
so liegt darin eine gänzliche Verkennung der höchsten
Aufgabe der christlichen Kunst, so wie ein Zurücksinken
auf einen widersprechenden Standpunkt. Denn gerade in
den Motiven, die in diesen beiden Bildern ausgeprägt sind,
concentrirt sich der Gegensatz der antiken und christ-
lichen Kunst: das Jupiterideal ist ursprünglich plastisch,
das Christusideal ist malerisch gedacht; jenes gehört einer
ästhetischen, dieses einer ethischen Religion an. Nicht
allein, dass die Züge des Jupiter, die den Herrscher der
Götter und Menschen in der ruhigen Kraft, Klarheit und
Heiterkeit des Olymp erkennen lassen, keinen Ausdruck
des Leidens gestatten, nicht einmal der Theilnahme daran,
da der Gott darüber erhaben ist; so ist auch die
Klarheit des über das Leiden und den Tod triumphiren-
den Erlösers eine ganz andere, als die über den Olymp
ausgegossen ist: jene sittliche Hoheit und Reinheit dessen,
der menschlich mit den Menschen gefühlt hat. Und selbst
von dem Herrn in seinen Schrecken, von Christus dem