Volltext: Mythologie der christlichen Kunst von der ältesten Zeit bis in's sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1, Abth. 1)

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den Einfluss der Ideale der altgriechischen Kunst, nament- 
lich der Vorstellung vom Apollo, auf die ursprüngliche 
Auffassung des Christusbildes in Abrede stellen zu müssen. 
Was zuerst den späteren Typus desselben betrifft; so 
scheint er unabhängig von jeder Tradition über das wirk- 
liche Aussehen Christi, zumal bei den Juden, entstanden 
zu sein: denn von einer genauern Tradition findet sich 
bis in die Zeit, in der dieser Typus auftritt, in der 
ganzen alten Kirche keine Spur,  die allgemeine An- 
sieht aber, die vom Judenchristenthum aus, das heisst 
auf Grund einer Alttestamentlichen Stelle, über die Er- 
scheinung Christi verbreitet war, seine Gestalt sei häss- 
licher, denn anderer Leute (Jes. 52, 14), widerspricht 
diesem Typus, nach welchem die Gestalt Christi an Würde 
und Hoheit über die anderer Menschen hervorragt.  
Dazu kommt, dass der Gegensatz von Judenchristen und 
Heidenchristen auf diesen Punkt sich nicht erstreckt: denn 
einesthcils theilteil auch die Heidenchristen diese Ansicht, 
welche zu Ende des zweiten Jahrhunderts von zwei grossen 
Kirchenlehrern, die aus dem Heidenthum stammen, Clemens 
und Tertullian vertreten wird. Anderestheils hatte sich 
in der Zeit, in welcher zuerst Christusbilder in der Iärche 
vorkommen, das ist schwerlich vor dem dritten Jahr- 
hundert, aus Judenchristen und Heidenchristen eine kirch- 
liche Masse gebildet, die von diesem Gegensatz nicht 
unmittelbar berührt wurde, sondern den eigenthümlich 
christlichen Geist in sich hegte und fortpflanzte. Aus diesem 
Geiste, von dem die junge christliche Kunst getragen wird, 
wird man auch den Typus des Christusbildes zu erklären 
haben. 
In der Zeit nun, in Welcher der andere, ältere Typus 
des Christusbildes entstand, herrschte in der Kirche Gleich- 
gültigkeit gegen die Auffassung Christi nach seiner leib- 
lichen Erscheinung; die Kirche gestaltete sich vielmehr
	        
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