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Beides vereinigt sich in einem Typus Christi, der
allein zu allgemeinerer Anerkennung gekommen ist, dem
Bilde des Orpheus, welcher mehrmals auf Denkmälern
der Katakomben erscheint. Doch sind auch Jupiter und
Apollo als Typen Christi gebraucht, mit dem Unter-
schiede, dass der erstere Typus seit dem späteren Mittel-
alter auftaucht, der letztere in's christliche Alterthum
gehört. Es ist nehmlich kein Zweifel, dass von der Idee
des Helios-Apollon, der in der letzten Zeit des Heiden-
thums der verwaltende Gott war und sogar monotheistisch
verehrt wurde, ein Uebergang zu Christus gemacht ist;
0b aber auch die Kunstvorstellung des Apollo für das
ältere Christusbild benutzt worden ist, bedarf der Unter-
suchung.
Seit dem vierzehnten Jahrhundert aber ist die Idee
des Jupiter auf Christus übertragen worden, während
noch geraume Zeit der eigenthümliche von der christlichen
Kunst hervorgebrachte Typus des Christusbildes beibehalten
wurde: erst der modernen Kunst war es vorbehalten, für
dieses Bild auf die Gesichtszüge des Vaters der Götter
zurückzugeben.
Ebenfalls das spätere Mittelalter hat eine ganz neue
Benutzung mythologischer Motive, namentlich in Beziehung
auf die Maria, aufzuweisen.
Dies knüpft sich an das neuerwachte Interesse für
das Alterthum, seine Wissenschaft und Geschichte an, in
Folge dessen man Parallelen zwischen Personen einerseits
der biblischen und Kirchengeschichte, andererseits der
Profangeschichte aufsuchte, wobei man bis zur Heroen-
geschichte zurückging. Davon geben auch Kunstdenkmäler
Zeugniss. Auf dem Gebiet der Geschichte stellte man eine
Reihe der neun starken Helden auf, das sind Hector,
Alexander der Grosse und Julius Cäsar, Josua, David
und Judas Maccabäus, Clodoväus, Karl der Grosse und