Volltext: Mythologie der christlichen Kunst von der ältesten Zeit bis in's sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1, Abth. 1)

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Im Fortgang derselben Bestrebungen ragen dann die 
Arbeiten des Nicola Pisano hervor, insbesondere haben 
wir die Kanzel in der Taufkirche zu Pisa vom J. 1260 
zu bemerkeni in den Reliefs derselben sind geradezu die 
Gestalten des Olymp in die heilige Geschichte versetzt, 
deren Personen ihre Züge tragen. Zwar in den Figuren 
der Kreuzigung, welches unter diesen Reliefs für das 
älteste gehalten wird, zeigen sich die heidnischen Ein- 
ilüsse noch nicht: doch sind unterhalb der Kreuzigung 
die allegorischen Figuren der Unschuld und Treue in der 
Gestalt des Jupiter und der J uno gebildet 1). Aber in 
dem Bilde der Darbringung im Tempel treten jene Ein- 
flüsse entschieden hervor: Maria ist eine J uno und Simeon 
trägt das Haupt des eapitolinischen Jupiter; Joseph ist 
ein Homer; der Hohepriester findet sich in einem Bacchanal 
auf einer alten griechischen Vase als bärtiger Bacchus, 
aber der denselben unterstützende nackte Faun ist hier 
zum bekleideten Tempeldiener geworden 2). 
Hieraus ist klar, dassNicola Pisano bei dieser Ein- 
führung heidnischer Typen in die christliche Kunst nur die 
Formen der Antike nachgebildet hat, ohne den Charakter 
derselben zu berücksichtigen und die in jenen Formen 
ausgeprägte Idee mit herübernehmen zu wollen. Denn 
was hat Simeon, was hat die Unschuld mit dem Jupiter 
gemein? Es ist also nicht von einem materiellen Typus, 
von Kunstvorstellungen, die nach Form und Inhalt über- 
tragen werden, hier die Rede. Jene formellen Typen 
aber geben Zeugniss von der Gewalt, welche die Vor- 
bilder des Alterthums auf den Geist des Künstlers übten, 
so wie von der Kühnheit, mit der er sie ergriff,  noch 
 E. Förster Beitr. zur neueren Kunstgesch. S. 32. 47. Vergl. 
über das Bild der Anbetung der Könige, ebendas. S. 41. f. 
z) E. Förster a. a. O. S. 44. f. 46.
	        
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