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Corsini in Rom sich befindet 1), sieht man zur Linken
auf einem zierlichen Sessel ein jugendliches Weib, welches
die Leier spielt, ihre rechte Brust ist entblösst, zu ihren
Füssen halten zwei nackte Knaben sich umfasst: vor ihr
steht eine weibliche Figur, welche sie im Spiel zu unter-
weisen scheint, zwei andere weibliche Gestalten hinter
ihr; zur Rechten sitzt ebenfalls auf einem zierlichen
Sessel ein junger Mann, der in der Linken eine Rolle
und die Rechte declamatorisch erhoben hält, vor ihm
Steht ein alter bärtiger Mann, zwei andere hinter ihm.
Schon Bottari (p. 141) hat vermuthet, es möge dies ein
heidnisches Werk sein. Münter und Böstell dagegen nehmen
es des guten l-Iirten wegen entschieden für christlich: der
erstere (a. a. O.) erklärt es von einem häuslichen Gottes-
dienst: das junge Weib spiele die Leier, der Mann scheine
zu ihrer Melodie zu singen; der andere 2) erklärt die
Personen auf beiden Seiten für Sibyllen und Propheten:
und so auch Kinkel-t), indem er hinzufügt, dies bestätige
besonders der bewegte sprechende Gestus bei dem Jüng-
ling, bei der Jungfrau aber die im Sturm der Weissagung
entblösste Brust, die sonst auf einem christlichen Sarge
schwer erklarlich wäre. Das letztere wendet Münter
Selber gegen seine Auffassung ein; gegen die andere
Meinung spricht das ungleiche Verhältniss der stehenden
Personen zu den sitzenden, insbesondere dass jene jugend-
liche Person (die gar nicht stürmisch bewegt aussieht)
offenbar Unterweisung empfängt. Das scheint aber auch
in der andern Scene von dem jungen Manne zu gelten:
Zuerst bekannt genxacht von Bottari Scult. e pitt. sagre T. I.
p. 122. vergl. p. 126; aber ohne Erklärung. Darnach abge-
bildet bei Münter Sinnb. II. I. S. 84 f. Taf. III. fig. 61.
2) Böstell in d. Beschreib. Roms Th. I. S. 415.
a) Kinkel Gesch. der bildenden Künste bei den christl. Völkern
S. 192.