Volltext: Mythologie der christlichen Kunst von der ältesten Zeit bis in's sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1, Abth. 1)

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heidnischem Bildwerk und der Vorstellung eines Hirten, 
der ein Schaaf auf den Schultern trägt, zu Tortona wird 
weiterhin (S. 27.) die Rede sein.  Das Bild des Hirten 
mit dem Schaaf auf den Schultern ist in beiden Reliefs 
ganz so, wie man es auf christlichen Sarkophagen findet. 
Das eine wird also wohl von dem andern copirt 
sein. Aber welches? Zu dem erstern Sarkophag be- 
merkt Bunsen, indem er ihn in das dritte oder vierte 
christliche Jahrhundert setzt, es sei entweder eine in- 
dividuelle Darstellung, hergenommen von der Beschäftigung 
des Verstorbenen, oder man habe hier ein Beispiel von 
der Nachahmung eines christlichen Symbols bei den Hei- 
den 1). Das letztere schwerlich: wahrscheinlich gehört 
das Bild überhaupt ursprünglich den Heiden, und von 
solchen Vorbildern mögen christliche Künstler den äusser- 
lichen Typus des guten Hirten entnommen haben. 
Hiernach kann das blosse Bild des Hirten, der ein 
Schaaf trägt, nicht mehr ein absolutes Kennzeichen des 
christlichen Ursprungs eines Kunstwerks sein. Es fragt 
sich aber, ob es zwischen dem heidnischen und dem christ- 
lichen Bilde kein Unterscheidungszeichen giebt. Allerdings, 
in christlichen Vorstellungen nimmt das Bild des guten 
Hirten in der Regel die Mitte ein, wegen seiner prägnanten 
Bedeutung; in den eben erwähnten heidnischen Reliefs 
steht es an der Seite. In solchem Fall wird .man schon 
nach der Stellung dieses Bildes (von anderweitigen mytho- 
logischen Kennzeichen abgesehen) den heidnischen Ur- 
sprung vermuthen dürfen. Doch fehlt es einerseits nicht 
an Ausnahmen, dass auch auf christlichen Grabmälern 
das Bild des guten Hirten an das eine Ende gestellt ist 2), 
1) Daran hatte auch bei dem in der Anm. 1. S. 81. erwähnten 
Gemälde C au se u s gedacht. 
2) Eine Ausnahme machen die Reliefs an der Vorderseite mehrerer
	        
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