Volltext: Mythologie der christlichen Kunst von der ältesten Zeit bis in's sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1, Abth. 1)

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dem alten volskischen Cora dient als Taufstein ein Marmor- 
altar des Hereules, dessen Vorderseite das Haupt eines 
Phoebus-Apollo innerhalb eines Strahlenkranzes zeigte; 
den Kranz aber hat man wegmeisseln lassen, damit Nie- 
mand hier einen Heiligen vermuthe 1). 
Die Unangemessenheit eines solchen Gebrauchs an- 
tiker Denkmäler erhellt an dem Widerspruch, der zwischen 
ihrer kirchlichen Bestimmung und ihrer heidnischen Be- 
deutung sich zeigt. Etwas anderes ist es, wenn kostbare 
Werke der heidnischen Kunst einer Kirche angeeignet 
wurden,  nicht zu gottesdienstlichcm Gebrauch, sondern 
um als eine Seltenheit den Kirchenschatz zu bereichern. 
Dann fällt jener Widerspruch weg. Ein Beispiel der Art 
ist die berühmte Vase der Ptolemäer, ein kleiner aus 
einem Sardonyx geschnittener Krater, dessen Reliefs unter 
andern Wein- und Lorbecrbäume, bacchische Masken, 
Sphinxe, Greife, einen Bock, einen Panther, auch eine 
Cista mystiea enthalten, und der jetzt im Antikenkabinet 
der K. Bibliothek zu Paris aufbewahrt wird 2). Bis zum 
Jahre 1790 aber gehörte dieser Krater, der ursprünglich 
vornehmlich dem Bacchus geweiht war, der Kirche von 
S. Denys, wohin er von Karl III. (dem Einfaltigen) ge- 
stiftet sein soll, der ihn laut der Inschrift 3) Christo 
geweiht hat. Das ist also der Gesichtspunkt, unter welchem 
überhaupt solche Denkmäler in einen Kirchenschatz auf- 
1) Corresp. aus Rom, in d. Augsb. Allg. Zeit. 1845. 2. Nov. Bei- 
lage. S. 2443. Daraus im Tüb. Kunstblatb 1845. S. 416. 
2) Abgcbild. bei Felibien Hist. de S. Denys Pl. VI. zu p. 545. 
und bei Clarac Muse-e de sculpt. Pl. 125. N0. 126. 127. 
3) Welche auf dem Fuss einer ehemals an dem Krater befindlichen 
(im J. 1806 gestohlenen) goldenen Fassung zu lesen war, 
s. Clarac l. c. T. II. p. 418: 
Hoc vas, Christe, tibi mente dicavit 
Tertius ln Francos regmine Karlus.
	        
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